Leitsatz

Der Annahme einer gemeinschaftsbezogenen Streitigkeit im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG steht nicht entgegen, dass die Klage hier nicht von dem von der Zwangsversteigerung betroffenen Wohnungseigentümer, sondern von der Vollstreckungsgläubigerin erhoben wurde. Es kommt auf den Gegenstand der Streitigkeit und nicht darauf an, wer die Klage erhoben hat. Demgemäß handelt es sich auch dann um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 1 WEG, wenn ein unter diese Vorschrift fallendes Recht von einem Rechtsnachfolger geltend gemacht wird. Gleiches gilt bei einem selbstständigen Antragsrecht

 

Normenkette

§§ 12, 43 WEG

 

Das Problem

  1. Ein Ehepaar bildet mit seinem Sohn eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Gemeinschaftsordnung ist nach § 12 Abs. 1 WEG ein Zustimmungsvorbehalt vereinbart.

    § 12 WEG (Veräußerungsbeschränkung)

    (1) Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.

    (2) Die Zustimmung darf nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Durch Vereinbarung gemäß Absatz 1 kann dem Wohnungseigentümer darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden.

    (3) Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist. Einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter gleich.

  2. Ein Gläubiger betreibt aus einer Buchgrundschuld über 150.000 DM die Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum des Sohnes. Am 4. September 2008 ordnet das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung an. Im Versteigerungstermin gibt S als Meistbietender ein Bargebot von 50.000 EUR ab. Eine Entscheidung über den Zuschlag erging bisher noch nicht, da die Eltern ihre Zustimmung zu dessen Erteilung verweigern.
  3. Die vom Gläubiger gegen die Eltern erhobene Klage auf Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags und auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten ist vor dem Amtsgericht erfolgreich. Das Landgericht weist die Berufung zurück. Nach seiner Ansicht ist der Gläubiger zur Geltendmachung des Anspruchs gemäß § 12 WEG auf Erteilung der Zustimmung berechtigt, ohne dass es einer vorherigen Pfändung und Überweisung des Zustimmungsanspruchs bedürfe. Die Interessenlage sei die gleiche wie bei der Zwangsversteigerung eines Erbbaurechts. Die Klage sei auch begründet, da ein wichtiger Grund, der die Verweigerung der Zustimmung gemäß § 12 WEG rechtfertigen könnte, nicht vorliege. Die Revision lässt das Landgericht nicht zu. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Eltern.
 

Entscheidung

  1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 62 Abs. 2 WEG nicht statthaft. Es handle sich um eine Wohnungseigentumssache gemäß § 43 Nr. 1 WEG. Bei der Geltendmachung des Zustimmungsanspruchs eines Wohnungseigentümers nach § 12 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer liege eine Streitigkeit über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander vor.
  2. Der Annahme einer gemeinschaftsbezogenen Streitigkeit im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG stehe nicht entgegen, dass die Klage nicht von dem von der Zwangsversteigerung betroffenen Wohnungseigentümer, sondern von der Vollstreckungsgläubigerin erhoben wurde. Denn es komme auf den Gegenstand der Streitigkeit und nicht darauf an, wer die Klage erhoben habe (Hinweis auf BGH v. 21.6.2012, V ZB 56/12, NJW-RR 2012 S. 1359 Rn. 6). Demgemäß handle es sich auch dann um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 1 WEG, wenn ein unter diese Vorschrift fallendes Recht von einem Rechtsnachfolger geltend gemacht werde (Hinweis auf Klein, in Bärmann, WEG, 12. Aufl. 2013, § 43 Rn. 46). Gleiches gelte bei einem selbstständigen Antragsrecht, wie es der Gläubigerin hier zusteht. Ebenso wie der die Zwangsversteigerung eines Erbbaurechts betreibende Gläubiger berechtigt sei, einen Anspruch aus § 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG auf Zustimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts geltend zu machen (Hinweis auf BGH v. 26.2.1987, V ZB 10/86, BGHZ 100 S. 107, 111), sei angesichts der Vergleichbarkeit der Lage der die Zwangsversteigerung einer "Eigentumswohnung" betreibende Gläubiger befugt, den dem Wohnungseigentümer zustehenden Anspruch aus § 12 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 WEG auf Zustimmung selbstständig auszuüben (Hinweis unter anderem auf Klein, in Bärmann, WEG, 12. Aufl. 2013, § 12 Rn. 41). Der Gegenstand der Streitigkeit – der Anspruch auf Zustimmung zur Veräußerung gemäß § 12 Abs. 2 WEG – ändere sich dadurch nicht.
 

Kommentar

Anmerkung

Dass es sich dann, wenn ein Dritter auf Zustimmung klagt, um eine WEG-Sache handelt, war bereits bislang ganz herrschende Meinung. Die endgültige Klärung konnte keinen überraschen.

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