3.1 Beendigungsgründe

Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB ist eine dilatorische Einrede, die dem Schuldner lediglich vorübergehend ein Zurückbehaltungsrecht gewährt. Der gesetzlich vorgesehene Zeitpunkt der "Bewirkung der Gegenleistung" ist aber lediglich ein Umstand, der die weitere Geltendmachung der Einrede des nicht erfüllten Vertrags beendet. Daneben sind aber weitere Umstände zu berücksichtigen, die der Einrede des nicht erfüllten Vertrags die Grundlage entziehen.

3.1.1 Mangelbeseitigung

Ist durch den Mieter zur Durchsetzung seines Mangelbeseitigungsanspruchs die Einrede des nicht erfüllten Vertrags geltend gemacht worden, so besteht nach tatsächlich erfolgter Mangelbeseitigung kein Grund mehr für die weitere Zurückbehaltung der Miete.

Unmöglichkeit

Ist die Mangelbeseitigung von vornherein unmöglich, so kann der Mieter mangels eines einredefreien Gegenanspruchs die Einrede des nicht erfüllten Vertrags von vornherein nicht erheben.[1] Allerdings verliert der Mieter das zuvor entstandene Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB, wenn die Erfüllung der zur Zurückbehaltung berechtigenden Gegenforderung auf Mangelbeseitigung später gem. § 275 BGB unmöglich geworden ist.

Vereitelung der Mängelbeseitigung

Ist der Vermieter zur Mangelbeseitigung bereit, aber nur bei Mitwirkung des Mieters durchführbar, so endet das Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB, wenn der Mieter seine erforderliche Mitwirkung verweigert.[2] Diese kann etwa bei einer Raummiete je nach Art und Weise des Mangels in der

  • Duldung oder auch der Gewährung des Zutritts des Vermieters oder
  • Zutritts der mit der Untersuchung oder Beseitigung des Mangels beauftragten Person zur Wohnung bestehen.[3]

Die Rechtsprechung nimmt selbst dann eine unzulässige Verweigerung der Mitwirkung des Mieters zur Mängelbeseitigung an, wenn der Mieter den mangelhaften Zustand zum Zwecke der Beweissicherung erhalten will.[4]

Fehlende Erwartung der Mangelbeseitigung

Schließlich ist nach dem Verständnis des VIII. Zivilsenats des BGH im Falle der Wohnraummiete zu berücksichtigen, dass die Einrede des nicht erfüllten Vertrags in zeitlicher Hinsicht lediglich so lange geltend gemacht werden kann, als zu erwarten ist, dass der Vermieter unter dem Druck der Zurückbehaltung der Miete den Mangel beseitigen werde.[5] Gegen eine solche Erwartung spricht jedoch nicht schon, wenn der Vermieter den Mangel bestreitet oder behauptet, er habe den Mangel bereits beseitigt.[6]

[1] Vgl. hierzu oben unter Abschn. 2.1.3.
[2] Vgl. BGH, Urteil v. 10.4.2019, VIII ZR 12/18, NJW 2019, 2308; MünchKomm-BGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, Vor § 536 Rn. 17; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 15. Aufl. 2022, § 536 Rn. 421a.
[3] S. wiederum BGH, Urteil v. 10.4.2019, VIII ZR 12/18, NJW 2019, 2308.
[4] So BGH, Urteil v. 10.4.2019, VIII ZR 12/18, NJW 2019, 2308 Rn. 46 ff., 52.
[5] S. hierzu bereits oben unter Abschn. 2.3; BGH, Urteil v. 17.6.2015, VIII ZR 19/14, NJW 2015, 3087 Rn. 60 ff.
[6] BGH, Urteil v. 10.4.2019, VIII ZR 39/18, NJW 2019, 1745 Rn. 24.

3.1.2 Beendigung des Mietverhältnisses

Für die Einrede des nicht erfüllten Vertrags besteht i. d. R. auch kein Raum, wenn das Mietverhältnis aus dem sich die mittels der Einrede aus § 320 BGB durchzusetzenden Ansprüche ergeben, beendet ist. Denn mit der Beendigung des Mietverhältnisses besteht kein Vertragsverhältnis mehr und es entfallen damit die ursprünglichen Ansprüche des Mieters auf Besitzverschaffung und Gebrauchsüberlassung sowie auf eine etwaige Instandsetzung; der Mieter ist gem. § 546 BGB vielmehr verpflichtet, die Mietsache zurückzugeben.

Dies gilt jedenfalls für die Beendigung des Mietverhältnisses durch (außerordentliche fristlose, außerordentliche fristgemäße oder ordentliche) Kündigung. Bei einem durch ordentliche Kündigung oder außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist beendeten Wohnraummietverhältnis wird jedoch nach §§ 574 ff. BGB das Mietverhältnis infolge eines Widerspruchs des Mieters[1] gegen die Kündigung des Vermieters durch (Änderungs-)Vertrag oder (Gestaltungs-)Urteil[2] fortgesetzt. Dabei kann die Fortsetzungsdauer nach den Maßgaben des § 574a Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB zwischen 6 Monaten und 3 Jahren liegen[3], wobei die Fortsetzung nach § 574a Abs. 2 Satz 2 BGB ausnahmsweise auch auf unbestimmte Zeit festgelegt werden kann. Da die Vertragsfortsetzung nach §§ 574 ff. BGB i. d. R. keine Änderung der Hauptleistungspflichten bewirkt, bestimmt sich der geschuldete Zustand der Mietwohnung weiterhin nach den Maßgaben des fortgesetzten Mietverhältnisses. Sofern also ein mangelhafter Zustand bestand, wird die Mietwohnung durch die Fortsetzung nach § 574a BGB nicht mangelfrei. Daher wird der Mieter ungeachtet der Fortsetzungsdauer weiterhin die Einrede des nicht erfüllten Vertrags geltend machen können.[4] Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn unter Wahrung der Abgeschlossenheit der Wohnung ein Teilbereich des Mietgegenstands gem. § 574a Abs. 1 Satz 2 BGB aus dem fortgesetzten Mietverhältnis ausgenommen wird[5] und sich lediglich aus dem ausgenommenen Teilbereich die Mangelhaftigkeit der Mietwohnung ergab.

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