Leitsatz

§ 32c EStG i.d.F. des StandOG vom 13.9.1993 (BGBl I 1993, 1569) – § 32c EStG a.F. – war mit dem GG vereinbar, soweit die Tarifbegrenzung nach näherer Maßgabe des § 32c Abs. 2 EStG a.F. nur für gewerbliche Einkünfte gewährt wurde, die beim Bezieher selbst der GewSt. unterlegen haben, und die Tarifbegrenzung des § 32c EStG a.F. für gewerbliche Einkünfte insoweit ausgeschlossen wurde, als deren Anteil am zu versteuernden Einkommen unterhalb des die Entlastung auslösenden Grenzbetrags (§ 32c Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und 5 EStG a.F.) blieb.

 

Normenkette

§ 32c EStG a.F., Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Der Kläger war Alleingesellschafter einer GmbH, der er – im Weg der Betriebsaufspaltung – seinen Gewerbebetrieb verpachtete. Im Streitjahr 1994 erzielte er aus der Verpachtung einen Gewinn i.H.v. 95.983 DM. Außerdem schüttete die GmbH an den Kläger einschließlich KSt-Gutschrift 3.211.336 DM aus.

Für die Summe dieser Beträge (3.307.719 DM), die der Kläger als Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus seinem Besitzunternehmen erklärte, begehrte er die Tarifermäßigung nach § 32c EStG a.F., die das FA versagte. Es ging davon aus, dass die Gewinnausschüttung der GmbH einschließlich KSt-Gutschrift wegen der Rückausnahme in § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. nicht tarifbegünstigt seien. Vielmehr habe der Kläger allein durch die Verpachtung des Betriebs gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 32c EStG a.F. i.H.v. 95.983 DM erzielt, die aber wegen der Mindestgrenze in § 32c Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und 5 EStG a.F. noch nicht begünstigt seien.

Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab (vgl. FR 1997, 308). Der in dem vom Kläger betriebenen Revisionsverfahren zuständige X. Senat des BFH meinte, dass die Regelung des § 32c EStG a.F. gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße (BFH, Vorlagebeschluss vom 24.2.1999, X R 171/96, BStBl II 1999, 450).

Das BVerfG teilte diese Ansicht des BFH nicht und hielt § 32c EStG a.F. für verfassungsgemäß.

 

Entscheidung

Die Ungleichbehandlung der durch § 32c EStG a.F. entlasteten Steuerpflichtigen im Verhältnis zu den Beziehern nicht gewerblicher Einkünfte finde ihre Rechtfertigung in dem gesetzgeberischen Anliegen, Zusatzbelastungen durch die GewSt zu kompensieren. Angesichts der faktischen Belastungskumulation durch ESt und GewSt sei es dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht versagt gewesen, die Gewerbesteuerbelastung bei der ESt – über den Betriebsausgabenabzug hinaus – Steuer mindernd zu berücksichtigen. Als ergänzende Rechtfertigungsgründe für die Regelung des § 32c EStG a.F. träten wirtschaftspolitische Förderungs- und Lenkungsziele hinzu.

Bei den Regelungen des StandOG sei es insgesamt darum gegangen, die Position des Wirtschaftsstandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb zu verbessern. Es erscheine im internationalen Vergleich zumindest plausibel, dass gerade bei einem hohen ESt-Spitzensatz und hinzutretender GewSt-Belastung die Wahl alternativer Standorte nahe liege.

Nach diesen Maßstäben sei es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar gewesen, dass § 32c EStG a.F. die Tarifbegrenzung nur für solche gewerblichen Einkünfte vorgesehen habe, die beim Bezieher der Einkünfte selbst der GewSt unterlegen hätten und dass für ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften die Tarifbegrenzung versagt worden sei, obwohl diese Gewinne bei der Kapitalgesellschaft der GewSt unterlegen hätten. Zwar habe § 32c EStG a.F. ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften gegenüber entnommenen Gewinnen von Personengesellschaften benachteiligt.

Sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung sei aber die Abschirmwirkung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern gewesen.

Diese Abschirmung bewirke, dass in der abgeschirmten Vermögenssphäre eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit entstehe, die von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der Anteilseigner getrennt und unabhängig von ihr besteuert werden dürfe.

Auch der Ausschluss der Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte insoweit, als deren Anteil am zu versteuernden Einkommen unterhalb des die Entlastung auslösenden Grenzbetrags liege, sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar gewesen. Obwohl auch die Bezieher gewerblicher Einkünfte unterhalb der Kappungsgrenze mit GewSt belastet gewesen seien, sei nur die Gruppe der Bezieher höherer Einkünfte entlastet worden.

Diese Ungleichbehandlung sei indessen mit dem dargelegten gesetzgeberischen Ziel zu rechtfertigen, die Position des Wirtschaftsstandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb zu verbessern.

 

Hinweis

1. Durch das StandOG (s.o.) wurde ab 1993 mit der Regelung des § 32c EStG a.F. eine besondere Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte eingeführt. Für diese Einkünfte blieb nach näherer Maßgabe des § 32c Abs. 2 EStG a.F. der ESt-Spitzensatz ab einem zu versteuernden Einkommen von 100.278 DM (Grundtarif) bzw. 200.556 DM (Splittingtarif) bei 47 % stehen, wohingegen er damals für die übrigen Einkünfte bis 53 % anstieg.

Die Gewährung dieser Tarifbegrenzung setzte grundsätzlich voraus, dass der Beziehe...

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