Leitsatz

Der Beklagte hatte der A-GmbH als deren Gesellschafter in Zeiten der Krise in den Jahren 1995 und 1997 drei Darlehen gewährt. Im Jahre 2000 trat die Gesellschaft dem Beklagten "an Erfüllungs statt zur Tilgung" der drei Darlehen einen Geschäftsanteil an der B-GmbH ab. Im Jahre 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH eröffnet. Ein Jahr später musste auch die B-GmbH Insolvenz anmelden.

Der Insolvenzverwalter der A-GmbH nahm den Beklagten gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG auf Wertersatz für die zur Erfüllung der Darlehensschulden übertragenen Geschäftsanteile in Anspruch, da die Übertragung dem Verbot der Rückzahlung des Stammkapitals widersprach. Der Beklagte wandte ein, dass die Geschäftsanteile durch die Insolvenz der B-GmbH wertlos geworden seien und der Wertverlust auch dann eingetreten wäre, wenn die Geschäftsanteile bei der A-GmbH verblieben wären.

Wie bereits die Vorinstanzen, wies auch der BGH die Klage des Insolvenzverwalters zurück. Das Gericht entschied, dass der Gesellschafter im Rahmen des § 31 Abs. 1 GmbHG den Wertverlust eines zurückgegebenen Gegenstandes nicht ausgleichen muss, wenn er darlegen und beweisen kann, dass die Weggabe des Gegenstandes für den Wertverlust nicht ursächlich war. Diese Frage hatte der BGH in seiner Rechtsprechung bisher offengelassen (vgl. BGHZ 122, 333, 339).

 

Hinweis

In ständiger Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass Darlehen, die ein Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise gegeben hat oder trotz der für ihn erkennbaren Krise hat "stehen lassen", bis zur nachhaltigen Auffüllung des Stammkapitals wie nominelles Eigenkapital zu behandeln sind. Demgemäß unterfallen Darlehensrückzahlungen dem Verbot der Rückzahlung von Stammkapital gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG und führen zu einem Erstattungsanspruch der Gesellschaft in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 1 GmbHG.

Dieser Anspruch ist primär auf Rückgabe des verbotswidrig weggegebenen Gegenstandes gerichtet. Die in der Literatur vertretene Gegenansicht, wonach im Rahmen des § 31 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich Wertersatz zu leisten sei, hat der BGH zurückgewiesen. Zur Begründung führt er aus, dass die Gesellschaft andernfalls in jedem Einzelfall den Wert des weggegebenen Vermögensgegenstandes nachweisen müsse, was zu einer erheblichen Schwächung des Kapitalschutzsystems führen würde.

Der BGH hat indes bereits in einer früheren Entscheidung (BGHZ 122, 333, 338 f.) für Recht erkannt, dass der Gesellschafter insoweit Wertersatz zu leisten habe, als nach verbotswidrigem Erhalt des Vermögensgegenstandes dieser an Wert verloren habe. Bisher offen geblieben war jedoch die Frage, ob Wertersatz auch zu leisten sei, wenn der Wertverlust bei Verbleib des Gegenstandes in der Gesellschaft gleichermaßen eingetreten wäre.

Der BGH hat diese Frage unter Hinweis auf den Zweck und die Systematik der §§ 30, 31 GmbHG - zu Recht - verneint. Die Verpflichtung des Gesellschafters, auch in diesen Fällen Wertersatz zu leisten, würde im Ergebnis zu einer durch die Kapitalschutzvorschriften nicht gerechtfertigten Bereicherung der Gesellschaft führen. Darüber hinaus würde sie dem Grundsatz widersprechen, dass der Anspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG vorrangig auf Rückgabe des Gegenstandes gerichtet ist und Wertersatz nur ergänzend hinzutritt.

Der BGH weist auch eine entsprechende Anwendung von § 9 GmbHG zurück. Nach dieser Vorschrift haftet der Gesellschafter auf Wertersatz, wenn eine Sacheinlage im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister nicht den Betrag der übernommenen Stammeinlage erreicht. Der Gesellschafter kann sich im Fall des § 9 GmbHG schließlich nicht darauf berufen, dass die Wertminderung auch eingetreten wäre, wenn die Gesellschaft früher eingetragen wäre. Die §§ 30, 31 GmbHG betreffen im Übrigen die Kapitalerhaltung und nicht, wie § 9 GmbHG, die Kapitalaufbringung.

Nach der Entscheidung des BGH obliegt es der Gesellschaft darzulegen und zu beweisen, dass und in welcher Höhe nach der Weggabe des Gegenstandes ein Wertverlust eingetreten ist, der durch die Rückgabe des Gegenstandes nicht vollständig ausgeglichen werden kann. Der Gesellschafter muss hingegen darlegen und beweisen, dass der Wertverlust auch eingetreten wäre, wenn der Gegenstand bei der Gesellschaft verblieben wäre.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 17.03.2008, II ZR 24/07

Anmerkung

Der BGH konkretisiert seine Rechtsprechung zu § 31 Abs. 1 GmbHG dahingehend, dass der Anspruch grundsätzlich auf Rückgabe des verbotswidrig erhaltenen Gegenstandes gerichtet ist, ein Anspruch auf Wertersatz daneben nur bei Wertverlust des Gegenstandes nach Weggabe besteht und diese Verpflichtung entfällt, wenn dargelegt und im Streitfall bewiesen ist, dass der Wertverlust bei der Gesellschaft gleichermaßen eingetreten wäre.

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