Leitsatz

Wohngeldvorschüsse des Zwangsverwalters weitgehend ohne Vorrang im Verteilungsverfahren nach Zuschlag in der Zwangsversteigerung

 

Normenkette

§§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 155 Abs. 1 ZVG; §§ 5 Abs. 2, 21 Abs. 2, 26, 27 Abs. 1 Nr. 3, 28 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

  1. In rechtlich bedeutsamer Entscheidung hat der IX. Zivilsenat des BGH eine zurzeit in Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittene Frage mit folgenden Leitsätzen entschieden:

    1. Ausgaben der Zwangsverwaltung genießen nur dann den Vorrang vor Grundpfandrechten, wenn von ihnen im Einzelfall eine objekterhaltende oder -verbessernde Wirkung ausgeht; hierfür reicht es weder aus, dass die Zwangsverwaltung mit Recht angeordnet ist, noch dass die Ausgaben bei vorhandener Nutzung aus diesen zu bestreiten gewesen wären.
    2. Die Vergütung des Zwangsverwalters kann nur berücksichtigt werden, wenn die Zwangsverwaltung notwendig war, um das Grundstück für die Zwangsversteigerung zu erhalten oder wiederherzustellen. Im Fall der Versteigerung eines Wohnungseigentums muss regelmäßig hinzukommen, dass sich die Tätigkeit des Zwangsverwalters gerade auf das Sondereigentum und nicht auf das Gemeinschaftseigentum bezog.
    3. Wird ein Wohnungs- oder Teileigentum versteigert, sind erbrachte Wohngeldzahlungen des Zwangsverwalters nur insoweit zu berücksichtigen, als sie objekterhaltend oder -verbessernd verwandt worden sind; dies muss der die Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger darlegen und beweisen.
  2. Während eines von einer Bank aus erstrangiger Grundschuld betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens hatte ein Verwalter in Prozessstandschaft für die Gemeinschaft wegen titulierter Wohngeldrückstände die Zwangsverwaltung erwirkt und auf Anforderung des Vollstreckungsgerichts Kostenvorschüsse von insgesamt 10.000 DM erbracht, welche der Zwangsverwalter für Reparaturmaßnahmen, seine eigene Verwaltervergütung, die Befriedigung der laufenden Wohngeldansprüche sowie die Bezahlung der Grundsteuern weitgehend verbrauchte. Im Verteilungsverfahren nach Zuschlag meldete der Verwalter diese geleisteten Zahlungen zur ersten Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG (Vorrang) an.

    In Übereinstimmung mit der Vorinstanz (LG Frankfurt) stellte der BGH fest, dass die klagende Verwaltung nach dem festgestellten Teilungsplan mit der geltend gemachten Forderung vollständig ausfalle, da die Verwendung der Vorschüsse zur Erhaltung bzw. nötigen Verbesserung des Wohnungseigentums als nicht nachgewiesen angesehen werden konnten; eine generelle Erstreckung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG auf sämtliche Kosten der Zwangsverwaltung finde nämlich nicht statt.

  3. Nach dem Willen des Gesetzgebers seien gegenüber den dinglich Berechtigten bevorzugte Ausgaben nur insoweit der ersten Rangklasse zuzurechnen, als es sich bei ihnen wenigstens um nützliche Verwendungen handle. Vorrang hätten hier nur solche Ausgaben einer Zwangsverwaltung, von denen eine im Einzelfall festzustellende objekterhaltende oder -verbessernde Wirkung ausgehe. Ausgaben müssten hier ausdrücklich für den Gegenstand der Zwangsverwaltung zweckentsprechend verwendet worden sein und sich werterhöhend ausgewirkt haben, wofür der Anspruchsgläubiger darlegungs- und beweispflichtig sei. Dies treffe für pauschalierte Wohngeldvorauszahlungsforderungen nicht zu. Grundsätzlich habe ein Verwalter auch für die Erhaltung des Grundstücks zu sorgen; diese Fürsorge sei aber i.d.R. nur eine Folge und nicht Zweck der angeordneten Zwangsverwaltung, sodass z.B. auch die Verwaltervergütung nicht ohne weiteres der Erhaltung oder notwendigen Verbesserung des Grundstücks diene. Sicherungsmaßnahmen des Gemeinschaftseigentums fielen in den Zuständigkeitsbereich des Verwalters einer Gemeinschaft oder könnten als Maßnahmen der Notgeschäftsführung der Wohnungseigentümer gerechtfertigt sein; nur soweit eine Gemeinschaft aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht selbst oder durch den Verwalter handeln könne, in aller Regel also nur dann, wenn sich die Sicherungsmaßnahmen auf das Sondereigentum des Schuldners beschränkten, könne die Vergütung des Zwangsverwalters als bevorrechtigte Aufwendung angesehen werden. Mit dem Wohngeld werde jedoch nur eine "allgemeine Verwaltung" und "Objektbegehung" abgerechnet; die übrigen laufenden Bewirtschaftungskosten einer Anlage, zu denen auch ein Zwangsverwalter im Streitfall durch Zahlung monatlicher Wohngelder beigetragen hätte, stellten zwar Ausgaben einer Verwaltung dar, jedoch nur solche im Sinne des § 155 Abs. 1 ZVG; diese seien also nicht im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG bevorrechtigt, soweit sie nicht der Erhaltung oder Verbesserung des Versteigerungsobjekts dienten.

    Von den im vorliegenden Fall geltend gemachten Wohngeldvorschussbeträgen käme als bevorrechtigter Teilbetrag nur der für die Feuerversicherung nach § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG in Betracht, weil Leistungen für diese Sachversicherung im Gegensatz zu Leistungen für die Gebäudehaftpflichtversicherung dem Objekt im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG zugute gekommen wären. Da der Kläger im vorliegenden Verfahren...

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