Leitsatz

  1. Rechtsschutzbedürfnis für Ungültigerklärung eines Erstbeschlusses entfällt mit Bestandskraft eines ersetzenden oder bestätigenden Zweitbeschlusses
  2. Bei fehlender Beschlusskompetenz ist auch ein Negativbeschluss nichtig
  3. Ist die Errichtung von Stellplätzen verpflichtend in der Teilungserklärung geregelt, fehlt der Eigentümerversammlung generell die Beschlusskompetenz, über das "Ob" einer Errichtung überhaupt durch Beschluss zu entscheiden
  4. Beschlusskompetenz als Voraussetzung einer Abstimmung
 

Normenkette

§§ 15, 23, 43 WEG

 

Kommentar

  1. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Ungültigerklärung eines Erstbeschlusses entfällt mit Bestandskraft eines ersetzenden oder bestätigenden Zweitbeschlusses.
  2. Fehlt für einen Beschlussgegenstand die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung, so ist von einer Beschlussfassung abzusehen. Auch ein ablehnender Beschluss (Negativbeschluss) ist nichtig (wie BayObLGZ 2004 Nr. 51).
  3. Wenn in der Teilungserklärung die Verpflichtung zur Errichtung von Besucherstellplätzen festgelegt ist, fehlt der Eigentümerversammlung die Kompetenz, über das "Ob" einer Einrichtung der Stellplätze zu beschließen. Dies gilt sowohl für einen positiven als auch für einen ablehnenden Beschluss. Bei der Frage, ob Stellplätze errichtet werden sollen, handelt es sich dann nicht mehr um eine bloß mehrheitlich zu treffende Gebrauchsregelung, sondern um eine Frage, die einer Vereinbarung bedarf. Dies gilt zumindest dann, wenn - wie hier - die Verpflichtung zur Errichtung bestimmter Stellplätze bereits in der Teilungserklärung enthalten ist. Ein Eigentümerbeschluss, fehlende Außenstellplätze derzeit nicht oder überhaupt nicht zu errichten, setzt sich über die in der Teilungserklärung enthaltene Regelung hinweg, sodass die generelle Entscheidung einem Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich ist. Unerheblich ist dabei, ob ein Beschluss zum Inhalt hat, die fehlenden Außenstellplätze derzeit nicht oder überhaupt nicht zu errichten oder ob die Eigentümer Anträge mit diesem Inhalt ablehnen. Die Beschlusskompetenz einer Eigentümerversammlung bemisst sich nämlich nicht danach, ob ein Antrag angenommen oder abgelehnt wird, sondern danach, ob der Antragsgegenstand einer Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft überhaupt zugänglich ist. Das Vorliegen einer Beschlusskompetenz ist Voraussetzung dafür, dass über einen Antrag überhaupt sachlich abgestimmt werden darf. Vorliegend fand eine sachliche Abstimmung statt; der Beschluss hat sich nicht lediglich darauf beschränkt, von einer Beschlussfassung mangels Beschlusskompetenz der Eigentümer abzusehen.
  4. Auch im Beschlussanfechtungsverfahren ist ohne Antragsänderung die Nichtigkeit eines Beschlusses zu prüfen. Nicht von einer Beschlusskompetenz erfasste Eigentümerbeschlüsse sind nichtig (BGH v. 20.9.2000, V ZB 58/99, NJW 2000, 3500).
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 01.12.2004, 2Z BR 166/04BayObLG v. 1.12.2004, 2Z BR 166/04

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