Leitsatz

Die Parteien stritten um Zugewinnausgleich. Ihre Ehe war durch Urteil vom 28. Juli 2004 geschieden worden. Die Klägerin hatte den Beklagten zwecks Klärung güterrechtlicher Ansprüche mit Schreiben vom 18. August 2004 zur Auskunftserteilung aufgefordert, was dieser ablehnte. Die Klägerin war geistig leicht behindert und mit Beschluss des AG vom 25. Februar 2005 unter Betreuung gestellt worden. Die Betreuung hatte die Wirkungskreise Vermögenssorge einschließlich Wohnungsangelegenheiten, Vertretung ggü. Behörden und vor Gerichten.

Die Klägerin war Mutter einer im Jahre 1989 - kurz vor der Eheschließung - geborenen Tochter. Während des Empfängniszeitraums dieses Kindes war sie von einem Schulfreund ihres Bruders zweimal vergewaltigt worden. Diesen Verkehr verschwieg die Klägerin dem Beklagten. Erstmals im Jahre 2005 erlangte er Kenntnis von einem Mehrverkehr und einer daraus folgenden Möglichkeit, nicht Vater dieser Tochter zu sein. Nachdem er insoweit Vaterschaftsanfechtungsklage erhoben hatte, wurde mit Urteil vom 16. April 2007 festgestellt, dass er nicht Vater der Tochter ist. Für dieses Kind hat der Beklagte in der Zeit von März 2000 bis einschließlich September 2004 Unterhaltsleistungen von insgesamt ca. 9.500,00 EUR gezahlt. Außerdem hat er für die Klägerin in der Zeit von März 2000 bis einschließlich April 2001 Getrenntlebensunterhalt i.H.v. ca. 5.300,00 EUR gezahlt.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, ihr stehe ein Auskunftsanspruch und ein eventueller Zugewinnausgleichsanspruch gegen den Beklagten zu. Den Mehrverkehr hinsichtlich der im Jahre 1989 geborenen Tochter habe sie dem Beklagten verschwiegen, weil sie sich wegen der bislang unbestrittenen behaupteten zweifachen Vergewaltigung geschämt habe. Aus diesem Grunde sei sie auch nicht zur Polizei gegangen. Insoweit müsse berücksichtigt werden, dass sie zum damaligen Zeitpunkt erst 21 Jahre alt gewesen sei und zudem eine leichte geistige Behinderung habe. Ferner sei sie immer davon ausgegangen, dass der Beklagte der Vater der Tochter sei, zumal diese Möglichkeit ja auch bestanden habe.

Ihre Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung von Zugewinnausgleich wurde von dem erstinstanzlichen Gericht abgewiesen.

Die Klägerin verfolgte ihre erstinstanzlichen Anträge weiter und begehrte insoweit die Bewilligung von PKH sowie die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand für die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG gewährte der Klägerin für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand im Hinblick auf die seines Erachtens bestehenden Erfolgsaussichten für das Berufungsverfahren.

Der Anspruch der Klägerin auf Auskunftserteilung folge aus § 1379 Abs. 1 BGB. Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten bzw. dem Bestehen eines Auskunftsanspruchs nach dieser Vorschrift ergäben sich auch nicht aus der Vorschrift des § 1381 BGB, um deren Anwendung die Parteien hier stritten. Die Auskunftsforderung sei zwar dann ausgeschlossen, wenn der Ausgleichsanspruch überhaupt nicht bestehe. Die Einrede aus § 1381 BGB führe jedoch in aller Regel nicht zu einem vollständigen Entfallen dieses Ausgleichsanspruchs. Dies gelte auch für den hier zu entscheidenden Fall.

Nach § 1381 Abs. 1 BGB könne der ausgleichspflichtige Ehegatte die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Dem ausgleichspflichtigen Ehegatten stehe ein solches Leistungsverweigerungsrecht wegen grober Unbilligkeit nur dann zu, wenn der - bewusst in rein schematischer und pauschalierender Art gestaltete - Zugewinnausgleich in der vom Gesetz grundsätzlich vorgesehenen Weise ausnahmsweise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widerspreche (BGH, FamRZ 1992, 787 [788]).

Ob und wann dies der Fall sein könne, habe der Gesetzgeber durch die Beispiele in § 1381 Abs. 2 BGB näher verdeutlicht. Bereits aus den dort aufgeführten Beispielen ergebe sich, dass die Einrede des § 1381 BGB den - hier im Wege der ersten Stufe geltend gemachten - Auskunftsanspruch nicht grundsätzlich ausschließe (BGH, NJW 1980, 1462; NJW 1972, 433 [434]; NJW 1965, 2055 [2056]).

Dies ergebe sich auch daraus, dass es sich bei § 1381 BGB um eine Billigkeitsentscheidung handele. Hinsichtlich der Abwägung der widerstreitenden Interessen sei eine Gesamtschau aller relevanten persönlichen und wirtschaftlichen Umstände erforderlich.

Die Höhe der Ausgleichsforderung sei damit zur Bewertung einer Unbilligkeit in Betracht zu ziehen. Zur Bestimmung der Höhe dieser Forderung diene gerade der Auskunftsanspruch.

Das OLG sah keine Anhaltspunkte dafür, dass hier ausnahmsweise von einem derartig evidenten Fall eines vollständigen Ausschlusses der Ausgleichsforderung unter Beachtung des § 1381 BGB auszugehen sei. Es sei zwar nicht zu verkennen, dass das sog. Unterschieben eines Kindes einen evident schwerwiegenden Verstoß gegen die gegenseitigen ehelichen Treuepflichten ...

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