Leitsatz

  1. Wird ein Wohngeldanspruch im Mahnverfahren zeitlich vor dem 1.7.2007 verfolgt und gehen die Akten erst nach diesem Zeitpunkt beim Streitgericht ein, ist auf das streitige Verfahren bereits das neue Verfahrensrecht anzuwenden
  2. Ein in erster Instanz im Aktivprozess bevollmächtigter Verwalter ist auch zur Berufungseinlegung ohne weiteren Eigentümerbeschluss bevollmächtigt
 

Normenkette

§§ 27 Abs. 3 Nr. 2, 62 Abs. 1 WEG; §§ 696 Abs. 3, 700 Abs. 2 ZPO

 

Kommentar

  1. Wurde einem Beklagten der Mahnbescheid vor dem 1.7.2007 (also vor Inkrafttreten der WEG-Reform) zugestellt und sind die Akten erst nach diesem Zeitpunkt beim Streitgericht eingegangen, ist bereits trotz der in §§ 696 Abs. 3 und 700Abs. 2 ZPO rückwirkend fingierten Rechtshängigkeit neues Recht anwendbar (so auch OLG Hamm mit Beschluss v. 5.5.2009, 15 Wx 22/09; Niedenführ, NJW 2008, S. 1768; Schmidt, ZMR 2008, S. 181; a.A. Bärmann, 10. Aufl., § 62 Rn. 1). Maßgebend ist hierfür neben dem Wortlaut ("bei Gericht anhängigen Verfahren in Wohnungseigentumssachen") insbesondere der Sinn der Überleitungsvorschrift des § 62 WEG. Sie soll Probleme und Erschwernisse verhindern, die zu besorgen wären, wenn man ein bereits anhängiges Verfahren geänderten verfahrensrechtlichen Regelungen unterwirft (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/887 v. 9.3.2006 S. 43). Nach § 46a WEG a. F. galt der Antrag auf Mahnbescheid mit dem Eingang der Akten beim Wohnungseigentumsgericht als Antrag im FGG-Verfahren, und es endete damit das zivilprozessuale Mahnverfahren. Für diese Fiktion besteht nunmehr kein Raum mehr; das vorausgegangene Mahnverfahren ist ein ZPO-Verfahren, das als solches fortgeführt werden kann, wenn es beim Streitgericht nach dem 1.7.2007 eingeht; eine Kollision der Verfahrensordnungen ist daher nicht zu besorgen.
  2. Ist ein Verwalter zur Prozessführung auch im Fall eines Aktivprozesses ermächtigt und damit auch bevollmächtigt, einen anwaltlichen Vertreter zu beauftragen (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG), so erfasst diese Ermächtigung auch das Recht zur Einlegung von Rechtsmitteln (vgl. Bärmann, § 27 Rn. 148 und BayObLG, ZMR 1979 S. 56). Dem steht auch nicht die Regelung des § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG entgegen. Eigentümer können zwar beschließen, ein Berufungsverfahren nicht durchzuführen, sodass dann eine bereits eingelegte Berufung zurückzunehmen wäre. Aber auch ein solcher Beschluss führt nicht zum (rückwirkenden) Wegfall der Vollmacht. Ein solcher Beschluss wurde vorliegend allerdings nicht gefasst, auch wenn dies einzelne Eigentümer so verstanden haben sollten.
 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil v. 19.10.2009, 1 S 4851/09

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