Der Unterhaltsersatzanspruch ist die Fortpflanzung des Erwerbsschadens en miniature; es geht um die Quelle, aus der der gesetzliche Unterhalt ohne Tötung des Unterhaltspflichtigen gespeist worden wäre – und zwar beim Geldunterhalt ebenso wie in Bezug auf die Haushaltsführung. Angenommen sei eine Familie mit drei betreuungsbedürftigen Kindern, dem Vater und Ehemann als demjenigen, der ein Erwerbseinkommen erzielt, sowie der Mutter und Ehefrau, die den Haushalt führt. Bei Tötung des Ehemannes werden die fixen Kosten ermittelt und dann auf die verbliebenen Unterhaltsersatzgläubiger aufgeteilt; das restliche Einkommen wird gestaffelt nach dem Alter der Kinder auf die Köpfe der Überlebenden verteilt,[53] wobei der Eigenanteil des Getöteten in Abzug zu bringen ist. Das ist völlig zutreffend.

Gelegentlich wird aber nicht gebührend beachtet, dass bei Ausscheiden eines Unterhaltsgläubigers[54] die Ansprüche der anderen neu berechnet werden müssen. Es ist das Wesen fixer Kosten, dass sie konstant bleiben – gerade deshalb die Bezeichnung. Sie ändern sich nicht oder nur marginal, wenn sich anstelle von drei Kindern nur noch zwei im Haushalt befinden. Das hat zur Konsequenz, dass die fixen Kosten auf die restlichen Unterhaltsgläubiger neu verteilt werden müssen.

In dem prototypischen Beispiel der Witwe und der drei Kinder führt bei Annahme einer kopfmäßigen Verteilung das Ausscheiden eines Kindes dazu, dass die Quote der weiterhin Anspruchsberechtigten sich von einem Viertel auf ein Drittel der fixen Kosten erhöht. Aber auch der restliche Unterhalt ist nach oben anzupassen. Wären es bei Überleben des Getöteten bis dahin fünf Personen gewesen, die nach Abzug der fixen Kosten zu unterhalten gewesen wären, wären es bei Ausscheiden eines Kindes nur noch vier gewesen. Für die anderen steht dann für die alltäglichen Bedürfnisse eben mehr zur Verfügung. Auch für den Getöteten hätte sich das ausgewirkt, so dass sich auch sein Anteil erhöht hätte. Von den variablen Unterhaltskosten steigt – bei aus Vereinfachungsgründen angenommener – Gleichverteilung der Anteil der verbliebenen drei Unterhaltsgläubiger von einem Fünftel auf ein Viertel.

Das mag kompliziert klingen, mithilfe relativ einfacher Rechenprogramme ist das aber durchaus zu bewältigen. Was jedenfalls nicht in Betracht kommt, das ist, diese Potenziale völlig unter den Tisch fallen zu lassen, weil sie zu einer Anhebung der Ersatzbeträge der Schadenersatzgläubiger und allenfalls der Regressgläubiger führen. Insoweit bedarf es wie bei der Kapitalisierung von Renten eines Sachverständigen, der in der Lage ist, solche Berechnungen durchzuführen, um (richterliche) Schätzungen nach § 287 ZPO über den Daumen, die vom gebotenen Ausgleich sehr weit entfernt sein können, zu vermeiden.

Auch im Rahmen des Unterhaltsersatzanspruchs nach § 844 Abs. 2 BGB stellt sich die Frage der Aufteilung der Hausarbeit nach Wechsel des beruflich erwerbstätigen Ehepartners in den Status des Beziehers einer Altersrente. Häufig wird betont, dass es bei § 844 Abs. 2 BGB um gesetzlichen Unterhalt gehe, weshalb hier noch mehr für eine Aufteilung von 50:50 spreche. Auch insoweit ist darauf hinzuweisen, dass auch im Rahmen des gesetzlichen Unterhalts die eheliche Gestaltung Vorrang hat. Bedeutsam sind dabei sowohl Fähigkeiten als auch Leistungsvermögen;[55] ausgeschlossen ist allein eine societas leonina.

In der Rechtsprechung wird insoweit nicht immer mit gleichem Maß gemessen: Dass die Ehefrau unterhaltsrechtlich auch an den Einkünften des Ehemanns aus Überstunden zu 50 % beteiligt ist, wird als selbstverständlich angesehen. Wenn aber die Ehefrau selbst Kleider näht oder im Garten Gemüse anbaut, wird das als überobligationsgemäß angesehen. Hier ist der Blick wohl (etwas) getrübt![56]

[53] Der höhere Anteil der Witwe soll aus Vereinfachungsgründen an dieser Stelle ausgeblendet werden.
[54] Zumeist ist es ein Kind, das selbsterhaltungsfähig wird; in Betracht kommt aber auch der hinterbliebene Ehegatte, der wieder heiratet, eine Lebensgemeinschaft eingeht oder stirbt.
[55] Ch. Huber, in: Nomos-Komm3, § 844 Rn 25.
[56] BGH v. 10.4.1979 – VI ZR 151/75, NJW 1979, 1501; kritisch bereits Ch. Huber DAR 2010, 677, 682.

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