Im schweizerischen Recht dominiert der Gedanke der zeitnahen, abschließenden Regulierung eines Personenschadens: Schon die Verjährungsfristen sind kürzer. Die kenntnisabhängige Frist beträgt laut Art. 60 Abs. 1 OR ein Jahr statt wie nach österreichischem Recht nach § 1489 ABGB und im deutschen Recht nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB drei Jahre – im deutschen Recht noch dazu ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Die lange Frist beträgt bei Körperschäden nach Art. 60 Abs. 2 OR zehn Jahre statt wie nach § 1489 ABGB und § 199 Abs. 2 BGB 30 Jahre.

In der Schweiz gebührt im Regelfall Kapital statt Rente.[8] Da es sich um einen gesetzlichen Anspruch handelt, ist eine richterliche Überprüfung der Umrechnung von Kapital in Rente möglich und umgekehrt.[9] Es besteht in Bezug auf die Kapitalisierung das höchste Know-how im deutschsprachigen Rechtskreis.[10] Bei Zuspruch eines Kapitalbetrags erfolgt eine abschließende Regulierung.

Aber auch bei Zuerkennung einer Rente ist diese nur begrenzt abänderbar. Es handelt sich um eine "starre Rente". Je weniger konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall gegeben sind, umso eher erfolgt ein Rückgriff auf statistische Daten, was einen Zuspruch aufgrund einer Durchschnittsbetrachtung ermöglicht. In der Schweiz ist Geld für solche Untersuchungen vorhanden, die dann für die Schadensregulierung nutzbar gemacht werden können.[11]

In Deutschland und Österreich ist demgegenüber – jedenfalls bei prozessualer Streitaustragung – ein weitgehendes Verschließen der Augen in Bezug auf die künftige Entwicklung nach dem Schluss der letzten Verhandlung erster Instanz zu beobachten.[12] Man beruhigt sich damit, dass ohnehin eine Anpassung bei Änderungen in der Zukunft möglich ist. Wenn man später einen besseren Kenntnisstand hat, kann dann immer noch eine Feinjustierung vorgenommen werden. Wegen dieser Möglichkeit sei es daher nicht schlimm, wenn zunächst keine oder falsche Annahmen wegen der künftigen Entwicklung getroffen werden.

[8] Eine Rente kann erst verlangt werden seit dem Entscheid Baretta BG v. 11.5.1999, BGE 125 III 320.
[9] Dazu jüngst BG v. 7.5.2018 – 4_A 602/2017, ZVR 2018/136 (Ch. Huber) sowie dazu ders., Der "richtige" Kapitalisierungszinsfuß sowie die Wechselwirkung von Direktschaden und Regressanspruch, HAVE 2018 (Heft 3) im Druck.
[10] Dazu das vorzügliche Erläuterungswerk von Weber/Schaetzle, Barwerttafeln und Berechnungsprogramme (62013).
[11] Verwiesen sei auf die SAKE (Schweizer Arbeitskräfteerhebung), die namentlich bei Ermittlung des Haushaltsführerschadens eine zentrale Rolle spielt.
[12] Dazu jüngst OGH v. 20.6.2017 – 2 Ob 142/16w, ÖJZ 2018/23 (Salficky): Änderungen bei Erwerbsschadensprognose bei Festsetzung der Rente sind nur zu beachten, wenn sowohl Zeitpunkt als auch Ausmaß der Änderung – präzise – feststehen.

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