Luftverkehrsrecht

Gerichtsstand für Ausgleichsansprüche wegen Flugverspätung (BGH, Beschl. v. 18.8.2015 – X ZR 2/15)

Der X. Zivilsenat des BGH hat dem EuGH mit Beschl. v. 18.8.2015 zwei Fragen zur Auslegung von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO vorgelegt: Zum einen erfragt der Senat, ob der in Art. 5 Nr. 1 EuGVVO enthaltene Begriff "Ansprüche aus einem Vertrag" auch Ansprüche auf Ausgleichzahlung nach Art. 7 Fluggastrechtverordnung umfasst, die gegenüber einem ausführenden Luftfahrunternehmen geltend gemacht werden, das nicht Vertragspartner des Fluggastes ist. Zum anderen soll geklärt werden, ob bei einem Flug mit Umsteigeverbindung ohne nennenswerten Aufenthalt der Abflugort der ersten Teilstrecke Erfüllungsort i.S.v. Art. 5 Nr. 1 lit. b 2. Spiegelstrich EuGVVO ist, wenn die Flugverbindung von verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird und sich die Klage gegen das Luftfahrtunternehmen der anderen Teilstrecke richtet.

Im Ausgangsfall hatte der Kl. bei Air France einen Flug von Stuttgart über Paris nach Helsinki gebucht. Der Flug von Paris nach Helsinki wurde im Wege des Code-Sharing von Finnair durchgeführt. Der Flug von Paris nach Helsinki hatte eine Verspätung von 3 Stunden und 20 Minuten.

Nach Ansicht des BGH habe der Kl. die Klage in Stuttgart erheben dürfen. Bei einer nach dem Vertrag mehrgliedrigen Flugverbindung ohne nennenswerten Aufenthalt auf den Umsteigeflughäfen sei auch der Abflugort der ersten Teilstrecke als zuständigkeitsbegründender Erfüllungsort anzusehen.

Der EuGH hat die Frage bislang lediglich für eingliedrige Flugverbindungen entschieden. Danach kann der Kl. zur Durchsetzung einer Ausgleichszahlung zwischen dem Gericht des Abflugortes und des Ankunftsortes wählen (EuGH, Urt. v. 9.7.2009 – C-204/08, Slg. 2009. I-6073).

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 147/2015 v. 18.8.2015

Strafprozessrecht

Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungshauptverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen

Am 25.7.2015 ist das Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungshauptverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe v. 17.7.2015 in Kraft getreten (BGBl I S. 1332). U.a. wird die Vorschrift des § 329 StPO dahingehend geändert, dass die Berufung des Angeklagten nicht mehr verworfen werden darf, wenn statt des Angeklagten ein bevollmächtigter und vertretungsbereiter Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung erscheint. Es kann dann in Anwesenheit des Verteidigers ohne den Angeklagten verhandelt werden, soweit nicht besondere Gründe dessen Anwesenheit erfordern. Hintergrund ist das Urt. des EGMR v. 8.12.2012 in der Rechtssache Neziraj./.Bundesrepublik Deutschland, wonach die Verwerfung der Berufung trotz Erscheinens des Verteidigers eine Verletzung des in Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierten Rechts auf ein faires Verfahren darstelle in Verbindung mit dem durch Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK garantierten Recht des Angeklagten, sich durch einen Verteidiger seiner Wahl vertreten zu lassen.

Quelle: BR-Drucks 240/15; www.bundesrat.de

Verkehrsverwaltungsrecht

Radfahren auf Waldwegen grundsätzlich erlaubt (BayVGH, Urt. v. 3.7.2015 – 11 B 14.2809)

Nach einem Urt. des BayVGH v. 3.7.2015 ist das Radfahren auf Waldwegen grds. erlaubt. Mit dem Urteil wurde ein Verbot für den Radverkehr im sog. "Bannwald" des Marktes Ottobeuren (Unterallgäu) aufgehoben. Ein derartiges Verbot setze nach der StVO eine Gefahrenlage voraus, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen sei und das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung relevanter Rechtsgüter übersteige. Dies sei hier nicht der Fall. Dem stehe gegenüber, dass Radfahren in freier Natur zu Erholungszwecken von der Bayerischen Verfassung geschützt sei, soweit die Radfahrer mit Natur und Landschaft pfleglich umgingen.

Quelle: Pressemitteilung des BayVGH v. 19.8.2015

Zwangsvollstreckungsrecht

Verordnung zur Änderung der Schuldnerverzeichnisführungsverordnung

Die Verordnung v. 27.7.2105 tritt am 1.10.2015 in Kraft (BGBl I S. 1412). Hintergrund ist das mit Inkrafttreten der Schuldnerverzeichnisführungsverordnung (SchuFV) am 1.1.2013 eröffnete Vollstreckungsportal, mit dem gem. § 882h Abs. 1 S. 2 ZPO der Inhalt des Schuldnerverzeichnisses über eine zentrale und länderübergreifende Abfrage eingesehen werden kann. Die Änderungsverordnung sieht die Änderung bestimmter Suchkriterien vor, um den Schutz nicht eingetragener Personen vor Verwechslungen zu erhöhen und die Validität der Suchergebnisse zu verbessern. Zudem sollen Unklarheiten bei der Gebührenerhebung behoben werden.

Quelle: BR-Drucks 491/14; www.bundesrat.de

Autor: Karsten Funke

Karsten Funke, Richter am Landgericht München I

zfs 9/2015, S. 482

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