Die Entscheidung des BGH schreibt für das Jahr 2011 fest, dass ein Verstoß gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung bei unterlassenem Tragen von Schutzhelmen durch Radfahrer bei Eintritt eines Unfalls im Straßenverkehr grds. nicht angenommen werden kann. Offen lässt es der BGH, ob in Fällen der sportlichen Betätigung von Radfahrern das Nichttragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann, was in der Instanzrechtsprechung durchgängig vertreten wird (Rn 15). Unerörtert bleibt, ob Kinder Schutzhelme beim Radfahren im Straßenverkehr tragen müssen. Ob mit der Verneinung der Obliegenheit zum Tragen eines Schutzhelms für Radfahrer ein dauerhafter Trend wiedergegeben wird, erscheint allerdings zweifelhaft. Ob die Verletzungsgefahr für Fußgänger und Radfahrer vergleichbar ist, eine Helmtragepflicht für Fußgänger nicht ernstlich erwogen worden ist und wohl auch politisch nicht durchsetzbar erscheint (vgl. dazu Habbe, zfs 2014, 260, 261), wird in der Praxis als Argument gegen die Helmtragepflicht von Radfahrern keine große Rolle spielen. Die derzeitig ermittelte Helmtragequote, die der BGH in der Entscheidung durch die Würdigung von dokumentierten Befragungen zugrunde legt, ist nur eine Momentaufnahme, die durch die Entschließung des 47. Verkehrsgerichtstages und etwaiger Stellungnahmen von Unfallforschern überholt werden kann. Immerhin ist von einem Unfallforscher vertreten worden, dass die Eignung von Schutzhelmen zur Vermeidung von Schädel-Hirn-Traumata wissenschaftlich belegt sein soll (vgl. Pluisch, NZV 1994, 17, 19). Im Übrigen geht auch die Entscheidung des BGH davon aus, dass beim Tragen eines Schutzhelms jedenfalls geringfügigere Verletzungen aufgetreten wären. Dem Geschädigten kann allerdings das Nichttragen eines Schutzhelms nur dann entgegengehalten werden, wenn dessen schadensverhindernde oder jedenfalls schadensminimierende Wirkung Gegenstand allgemeiner Überzeugung ist. Nur dann ist die subjektive Voraussetzung des Mitverschuldens, die in der Vorwerfbarkeit liegt, erfüllt.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 9/2014, S. 496 - 498

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