BGB § 249

Leitsatz

Hat der Eigentümer eines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs die zur Reparatur erforderlichen Kosten als Schadensersatz erhalten, so muss er sich diese Leistung nicht anrechnen lassen, wenn er wegen eines nachfolgenden Verkehrsunfalls, bei dem das nicht reparierte Fahrzeug im Bereich des Vorschadens erneut beschädigt wird, Schadensersatz von dem Zweitschädiger verlangt. Der Anspruch kann jedoch entsprechend den Grundsätzen über den Abzug "neu für alt" gemindert sein.

LG Saarbrücken, Urt. v. 2.5.2014 – 13 S 198/13

Sachverhalt

Der Pkw des Kl. wurde bei einem früheren Verkehrsunfall im linken Frontbereich beschädigt. Der Reparaturaufwand wurde auf 783,10 EUR netto beziffert. Bei dem Unfall, der dem Rechtsstreit der Parteien zugrunde liegt, wurde das unreparierte Fahrzeug erneut im linken Frontbereich beschädigt. Die Bekl. haben hierauf 200 EUR Schadensersatz geleistet. Der Kl. hat behauptet, bei dem ersten Unfall seien nur geringfügige Farbabweichungen im Kotflügelbereich und im Frontbereich aufgetreten. Dagegen habe der Zweitunfall zu weitergehenden Schäden geführt, die einen Reparaturaufwand von 2.720,96 EUR erforderten. Mit der Klage hat der Kl. den Reparaturkostenbetrag für den Zweitunfall von 2.720,96 EUR abzüglich der Reparaturkosten für den Erstschaden und der Zahlung der Bekl. zuzüglich der Kosten eines eingeholten Kostenvoranschlags sowie vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht. Das AG hat nach Einholung eines Gutachtens die Bekl. als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kl. 869,61 EUR nebst Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen. Der Kl. könne die Kosten der Behebung des Zweitschadens abzüglich der darin enthaltenen Wertverbesserung nur verlangen, soweit darin keine Positionen enthalten seien, die zur Behebung des Erstschadens erforderlich waren. Die Kosten der Einholung des Kostenvorschusses seien nicht ersatzfähig, da sie zur Ermittlung der erforderlichen Reparaturkosten ungeeignet gewesen seien. Mit seiner Berufung verfolgt der Kl. die Verurteilung der Bekl. zur Zahlung weiterer 620,64 EUR. Er wendet sich dagegen, dass eine einheitliche Schadensregulierung beider Schadensereignisse vorzunehmen sei und hält die Einholung eines Kostenvoranschlags für notwendig. Die Berufung des Kl. hatte überwiegend Erfolg.

2 Aus den Gründen:

"… 1. Entgegen der angefochtenen Entscheidung haben die Bekl., deren Haftung dem Grunde nach gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) unstreitig ist, zur Schadensbehebung erforderliche Reparaturkosten von 1.765,15 EUR abzüglich eines Wertausgleichs von 200 EUR und hieraufgezahlter 200 EUR, entsprechend insgesamt 1.365,16 EUR zu ersetzen."

a) In tatsächlicher Hinsicht hat das Erstgericht festgestellt, dass sich die durch den Zweitunfall verursachten Beschädigungen hinreichend genau von den zum Unfallzeitpunkt bereits vorhandenen Schäden abgrenzen lassen, was Voraussetzung für den Ersatz des Zweitschadens ist (vgl. Hinweisbeschl. v. 8.6.2012 – 13 S 45/12; Beschl. v. 13.5.2009 – 13 S 155/09 und Hinweisbeschl. v. 13.7.2009 – 13 S 130/09, jeweils m.w.N.). Diese Feststellung ist zutreffend und wird von der Berufung auch nicht in Zweifel gezogen. Sie stützt sich in überzeugender Weise auf die Gutachten des Sachverständigen … der in einem früheren Gutachten bereits den Erstunfall dokumentiert und den Aufwand zur Schadensbehebung nachvollziehbar und von den Parteien unangegriffen ermittelt hatte, und diesen plausibel mit dem Zweitschaden abgleichen konnte.

b) Als Ersatz des so bestimmten Schadens kann der Kl. die zur Schadensbehebung erforderlichen Reparaturkosten abzüglich der mit der Reparatur verbundenen Wertverbesserung ersetzt verlangen.

aa) Nach § 249 Abs. 1 BGB kann der Geschädigte verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ein Vermögensschaden ist danach gegeben, wenn sich die infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretene Vermögenslage nachteilig von der ohne dieses Ereignis unterscheidet (sog. Differenzhypothese, vgl. BGHZ 188, 78 ff.; BGH, Urt. v. 26.9.1997 – V ZR 29/96, VersR 1998, 906; BGHZ 99, 182 ff.). Nach § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte den zur Schadensbehebung erforderlichen Geldbetrag ersetzt verlangen, d.h. diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und erforderlich halten durfte (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2011 – VI ZR 17/11, VersR 2011, 1582; BGH, Urt. v. 14.10.2008 – VI ZR 307/07, VersR 2008, 1706 f.). Das von dem Geschädigten zu beachtende Wirtschaftlichkeitspostulat gebietet ihm, den Schaden auf diejenige Weise zu beheben, die sich in seiner individuellen Lage als die wirtschaftlich vernünftigste darstellt, um sein Vermögen in Bezug auf den beschädigten Bestandteil in einen dem früheren gleichwertigen Zustand zu versetzen (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2011 a.a.O.; BGHZ 181, 242 ff.; BGHZ 171, 287 ff.; BGHZ 115, 375 ff.). Darüber hinaus findet das Wahl...

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