" … Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des ASt. gegen die kraft Gesetzes (§ 4 Abs. 7 S. 2 StVG a.F., § 4 Abs. 9 StVG in der ab dem 1.5.2014 geltenden Fassung) sofort vollziehbare Verfügung des AG v. 6.2.2014 anzuordnen ist. Auch bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 S. 1 1. Alt. VwGO hat das Gericht eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und dem Interesse des Betr., bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, bei der aber die gesetzgeberische Entscheidung für den grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses zu beachten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 80, Rn 114, 152a m.w.N.). Besondere Umstände, die eine Abweichung von der gesetzlichen Grundentscheidung für eine sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts rechtfertigen würden, sind vorliegend nicht ersichtlich. Denn die Entziehung der Fahrerlaubnis ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig. Der Widerspruch des ASt. und eine eventuell nachfolgende Anfechtungsklage dürften deshalb keinen Erfolg haben."

Wie das VG im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, begegnet die auf § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG in der bis 30.4.2014 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) gestützte Entziehungsverfügung voraussichtlich keinen rechtlichen Bedenken, weil der ASt. 18 Punkte im Verkehrszentralregister erreicht hat (dazu 1.). Auch die ab dem 1.5.2014 geltende Neuregelung über das Fahreignungs-Bewertungssystem wirkt sich nicht zugunsten des ASt. aus (dazu 2.).

1. Nach § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG a.F. hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich 18 oder mehr Punkte im Verkehrszentralregister ergeben.

Zu Unrecht geht die Beschwerde davon aus, im Zeitpunkt der Entziehungsverfügung habe nur noch ein Punktestand von drei Punkten bestanden, weil im Zeitpunkt der Entscheidung des AG Rottweil v. 13.9.2013, die eine mit drei Punkten geahndete Ordnungswidrigkeit betraf, alle Voreintragungen tilgungsreif gewesen seien. Der ASt. verkennt zum einen, dass die in § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG a.F. normierte unwiderlegliche Vermutung der Fahrungeeignetheit bereits durch die Begehung einer zum Erreichen von 18 Punkten führenden weiteren Zuwiderhandlung und nicht erst mit dem Eintritt der Rechtskraft der die Zuwiderhandlung ahndenden Entscheidung ausgelöst wird; einem Fahrerlaubnisinhaber, der einen Stand von 18 oder mehr Punkten erreicht hat, kommen nachfolgende Tilgungen – unabhängig davon, ob sie vor oder nach dem Erlass der Entziehungsverfügung eintreten – bei der Anwendung von § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG a.F. nicht zu Gute (sog. Tattagprinzip; vgl. ausführlich Beschl. des Senats v. 7.12.2010 – 10 S 2053/10, [zfs 2011, 113=] VBlBW 2011,194, im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 – 3 C 3.07, [zfs 2009, 113 =] BVerwGE 132, 48). Die Geltung des in der Rspr. entwickelten Tattagprinzips ist nunmehr im Gesetz ausdrücklich verankert (§ 4 Abs. 5 S. 5 bis 7 StVG in der ab dem 1.5.2014 geltenden Fassung, im Folgenden: n.F.; vgl. auch Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des StVG und anderer Gesetze v. 6.3.2013, BT-Drucks 17/12636, S. 41 f.). Maßgeblich ist daher, dass die dem Urteil des AG Rottweil zugrundeliegende Tat, mit der der ASt. den Stand von 18 Punkten erreicht hat, am 17.10.2012, mithin vor der Tilgung der letzten Ordnungswidrigkeit vom 16.2.2011, begangen wurde. Spätere Tilgungen wären daher auch dann unbeachtlich, wenn insoweit Tilgungsreife eingetreten wäre.

Zum anderen verkennt der ASt. aber auch, dass bezüglich der früheren Ordnungswidrigkeiten unabhängig vom Tattagprinzip noch keine Tilgungsreife eingetreten war. Ordnungswidrigkeiten unterliegen nach § 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StVG a.F. zwar grds. einer Tilgungsfrist von zwei Jahren; vor Ende dieser Frist ist aber nach § 29 Abs. 6 S. 2 StVG a.F. eine Ablaufhemmung eingetreten. Wie bereits das VG zutreffend ausgeführt hat, ist eine Tilgung nicht zulässig, wenn vor dem Ablauf der Tilgungsfrist nach § 29 Abs. 1 StVG a.F. eine neue Tat begangen wurde und diese bis zum Ablauf der Überliegefrist (§ 29 Abs. 7 S. 1 StVG a.F.) zu einer weiteren Eintragung führt. Vorliegend hat der ASt. am 17.10.2012, also vor dem Ablauf der zweijährigen Tilgungsfrist für die Ordnungswidrigkeit v. 16.2.2011, einen weiteren Geschwindigkeitsverstoß begangen, der am 10.1.2014, mithin noch während der Überliegefrist von einem Jahr, in das Verkehrszentralregister eingetragen wurde.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde kommt eine Punktereduzierung auch nicht im Hinblick auf die Teilnahme des ASt. an einem allgemeinen Aufbauseminar gem. § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StVG a.F. in Betracht. Vielmehr hat die Fahrerlaubnisbehörde nach dieser Bestimmung bei dem Erreichen von 14, aber nicht mehr als 17 Punkten, zwingend die Teilnahme an einem Aufbauseminar n...

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