Da sich der Unfall in Deutschland ereignet hatte, galt deutsches Deliktsrecht, so dass sich ein nach EUR bezifferter Schaden ergab (Art. 4 I Rom-II O; vgl. Ziegert, zfs 2000, 5 ff.). Da der Kl. die Höhe eines Teils seiner Schäden in Polen hatte ermitteln lassen (Reparaturkosten, Gutachterkosten), waren diese Schadenspositionen – zunächst – in polnischer Währung beziffert worden. Damit war keine Begründung echter Fremdwährungsschulden bezüglich der Reparaturkosten und der Gutachterkosten verbunden. Davon wäre nur auszugehen gewesen, wenn der deutsche Schädiger und seine Haftpflichtversicherung die bezeichneten Verbindlichkeiten nur in Auslandswährung begleichen durften (vgl. Staudinger/Karsten Schmidt, Kommentar zum BGB, 13. Bearbeitung, § 244 Rn 8). Von einer echten Fremdwährungsschuld kann jedoch schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil das gesamte Schuldverhältnis der Parteien einschließlich der Bezifferung des Schadens deutschem Recht unterliegt. Vielmehr lag eine unechte Fremdwährungsschuld vor, die keine Aussage über die zur Zahlung einzusetzende Währung trifft, sondern sich auf die Funktion eines Wertmessers für die Höhe der in Inlandswährung zu begleichenden Funktion beschränkt (Karsten Schmidt, a.a.O. § 244 Rn 6). Die Bezifferung des Schadens in ausländischer Währung stellt für die Berechnung des Schadens lediglich einen Berechnungsfaktor dar, aus dem die in EUR endgültig zu bestimmende Anspruchshöhe ermittelt wird (vgl. BGH WM 77, 479; BGH NJW-RR 1989, 672).

Heikel ist allerdings, die Frage zu lösen, welcher Stichtag für die Umrechnung maßgeblich ist. Für die Umrechnung von unechten Fremdwährungsschulden ansonsten angegebene Daten (Zeit der Zahlung: OLG Köln NJW 1971, 2128; Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung: RGZ 106, 100) geben für den Schadensersatzanspruch des Geschädigten nichts her.

Das AG ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Zeitpunkt des Schadenseintritts maßgeblich ist, was bei steigenden Umrechnungskursen sich zulasten des Schädigers, bei fallenden Kursen zulasten des Geschädigten auswirkt.

Die Entscheidung des AG macht aufmerksam auf eine Änderung der Behandlung von Geldschulden aufgrund einer europarechtlich umgesetzten Richtlinie (§§ 271a, 286 BGB). Die Zahlungsverzugsrichtlinie vom 16.2.2011 forderte für eine Verzug vermeidende Rechtzeitigkeit der Geldleistung, dass der geschuldete Geldbetrag zum Zeitpunkt der Fälligkeit beim Gläubiger eingegangen sein müsse, damit dem Konto des Gläubigers gutgeschrieben ist. Das lässt den Schluss darauf zu, dass im Anwendungsbereich der Bestimmung des Zahlungsverkehrs zwischen Unternehmen nicht mehr wie bisher davon auszugehen ist, dass der Erfüllungsort der Wohnsitz des Schuldners ist, der allerdings die Gefahr trägt, dass er bei Verlust des Geldes auf dem Übermittlungsweg erneut zahlen müsse (vgl. BGH BB 1995, 889; Siemon, MDR 2002, 366, 368; Lorenz, WuM 2013, 205). Damit war eine "eigentümliche Kombination aus Schickschuld und Bringschuld" (Grothe, Fremdwährungsverbindlichkeiten, 1999, 470) geschaffen worden, die als "qualifizierte Schickschuld" bezeichnet wurde, die im ersten Teilakt des Erfüllungsversuchs als Schickschuld verstanden wurde, die damit – zunächst – erfüllt wurde, bei Verlust auf dem Übermittlungsweg jedoch die Forderung wiederauferstehen ließ und nunmehr zu einer Bringschuld wurde. Diese mehr für die Leistungsfähigkeit juristischer Theoriebildung sprechende Aussage als aus der maßgeblichen Vorstellung der an dem Übermittlungsvorgang Beteiligten folgend ist mit der Festschreibung auch des Erfüllungsortes bei dem Gläubiger überwunden (vgl. Einsele, AcP 199, 145 Herresthal, NZM 2011, 833, 838; Gsell, Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht, 2008, 169 ff; Staudinger/Bittner, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2014, § 270 Rn 2).

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 8/2016, S. 437 - 440

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