" … Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Kl. steht der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von den Kosten eines im Rahmen eines Bußgeldverfahrens wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eingeholten Privatgutachtens i.H.v. 333,20 EUR … zu. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zwischen ihnen ein Rechtsschutzversicherungsvertrag besteht, in den die ARB einbezogen worden sind. Unstreitig, ist ferner, dass unter diesen Vertrag grds. auch Gutachterkosten fallen, die in dem verfahrensgegenständlichen Bußgeldverfahren angefallen sind. Nach § 2 Abs. 2e ARB 75 trägt der VR die Kosten des für die Verteidigung erforderlichen Gutachtens eines öffentlich bestellten technischen Sachverständigen in Verfahren wegen Verletzung einer verkehrsrechtlichen Vorschrift des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts. Die im Tenor näher bezeichnete Rechnung hat derartige Kosten zum Gegenstand. Auch eine Gutachtenprüfung durch einen Sachverständen ist unzweifelhaft ein Gutachten i.S.d. Versicherungsbedingungen. Der Kostentragungspflicht der Bekl. steht nicht entgegen, dass sie bereits die Kosten für 2 weitere in demselben Verfahren erstattete Gutachten, nämlich für das Gutachten v. 4.4.2013 und das vom Gericht eingeholte Gutachten der X übernommen hat. Nach gefestigter Rspr. des BGH (vgl. u.a. BGH NJW 2012, 3023 – 3031), der das Gericht folgt, sind AVB nach dem Verständnis eines durchschnittlichen VN bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. Die AVB sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen. Der mit ihr verfolgte Zweck und der erkennbare Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind."

Unter Anwendung der dargelegten Grundsätze gilt:

Der Wortlaut der maßgeblichen Versicherungsbedingung sieht keine zahlenmäßige Beschränkung auf nur ein Gutachten vor. Somit kommt es entscheidend nur noch darauf an, ob die Gutachtenüberprüfung v. 29.5.2013 für die Verteidigung erforderlich war. Auch bei der Beurteilung dieser Frage ist auf eine verständige Würdigung des VN unter Berücksichtigung seiner Interessen abzustellen. Danach muss die erfolgte Gutachtenüberprüfung als zur Verteidigung in dem genannten Bußgeldverfahren erforderlich angesehen werden. Aus der beigezogenen Bußgeldakte ergibt sich, dass dem gerichtlich bestellten Sachverständigen bei Erstattung seines schriftlichen Gutachtens v. 8.5.2013 das Privatgutachten v. 4.4.2013 nicht vorlag, er sich folglich damit auch nicht auseinandersetzen konnte. Ohne Vernehmung des gerichtlichen Sachverständigen wurde die Verhandlung v. 13.5.2013 unterbrochen und neuer Termin auf den 31.6.2013 bestimmt. In diesem Termin, der mit dem Erlass eines Urteils endete, stellte der Verteidiger nach Vernehmung des Sachverständigen Y und gestützt auf die zwischenzeitlich erfolgte “Gutachtenüberprüfung‘ v. 29.5.2013 diverse Beweisanträge. Auch wenn diesen letztlich nicht nachgegangen wurde, kann bei der aufgezeigten Sachlage keine Rede davon sein, das Gutachten v. 29.5.2013 sei zur Verteidigung nicht erforderlich gewesen. Auch ein vom Gericht eingeholtes Gutachten kann Fehler aufweisen. Die Aufdeckung eventueller Mängel liegt im erheblichen Interesse des VN und muss deshalb auch das Ziel. der Verteidigung sein. … “

Mitgeteilt von RA Christian Funk, Saarbrücken

zfs 8/2015, S. 449 - 450

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