Seit dem Chaos-Arbeitskreis auf dem 48. VGT in Goslar 2010, wo sich die in erdrückender Dominanz anwesenden Verkehrspsychologen unglaublich ungehörig verhalten haben, warten die Verkehrsjuristen darauf, dass die MPU-Psychologen zu Vernunft und Sachlichkeit zurückkehren und den Konsens mit diesen suchen.

Schon auf dem VGT 2006 gab es einen Eklat: Wir Verkehrsjuristen hatten gefordert, die Anordnung der nach der FeV vorgesehenen Maßnahmen zur Beseitigung von Eignungszweifeln solle als das anerkannt werden, was sie ist: Ein Verwaltungsakt (VA), der demzufolge auch justiziabel wäre. Aber es geschah Bemerkenswertes: Die zu dem Arbeitskreis gemeldete Zahl der Verkehrspsychologen hatte sich über die Nacht vor der Abstimmung verdoppelt und es stellte sich heraus, dass in einem anderen Arbeitskreis gemeldete Psychologen Stimmkarten umgetauscht und sich so in den Arbeitskreis eingeschlichen hatten, dessen Vorträge und Diskussionen sie am Tage zuvor also gar nicht miterlebt hatten. Sie agierten als reines Stimmvieh und brachten die in der Probeabstimmung am Vorabend mit überwältigender Mehrheit beschlossene Empfehlung (Anordnung ist VA!), zu Fall. Es muss jedoch Verkehrspsychologen die Kompetenz abgesprochen werden, über reine Rechtsfragen befinden zu können. Ein Psychologe wird wohl kaum beurteilen können, was wir Juristen unter einem VA verstehen und was nicht!

Dann der Auftritt in dem AK VI auf dem 48. VGT: Mit einer Dominanz von geschätzten 80:20 im Verhältnis zu den anwesenden Juristen lehnten sie es ab, jede MPU-Exploration der größeren Transparenz wegen ausnahmslos aufzuzeichnen. Auch lehnten sie es ab, dass es eine Kontrollinstanz in Form einer Oberbegutachtung gebe. Jede juristische Argumentation wurde schlichtweg niedergemacht. So etwas hatte es in Goslar noch nie zuvor gegeben. Was blieb, war der Eindruck, MPU-Psychologen wollen sich unter keinen Umständen überwachen lassen. Vielleicht etwa aus gutem Grund?

Und wo stehen wir heute? Die MPU genießt unverändert einen katastrophalen Ruf. Fernsehbeiträge, wie zuletzt am 23.6.2012 im "Ersten" verstärken nur den – möglicherweise vielleicht sogar zutreffenden – Eindruck, dass der Proband mehr oder weniger der Willkür der MPU-Prüfer ausgesetzt ist. Wer die falschen Antworten gibt, fällt durch, könnte man meinen. Also ist die Auffassung verbreitet, man müsse nur die richtigen Antworten auswendig lernen und dann könne nichts mehr passieren. Dazu seien dann die "MPU-Vorbereitungsinstitute" gut, die die richtigen Antworten lange genug trainieren. Das ist die unglaubliche Meinung über den Wert von "verkehrspsychologischen Therapien".

Allerdings: Auch die sind ja keineswegs etwa durchgängig seriös. Jeder, der einen Gewerbeschein besitzt, kann solche Vorbereitungskurse abhalten. Er bedarf keiner Berufsqualifikation, wird auch nicht etwa staatlich akkreditiert, er muss noch nicht einmal Verkehrspsychologe sein. Es gibt auch keine Gebührenordnung. Eine Grauzone ohne jede staatliche Kontrolle!

Es ist überhaupt keine Frage, dass wir in Deutschland im Hinblick auf die Anforderungen an Verkehrssicherheit in ganz Europa am weitesten sind. Auch ist es überhaupt keine Frage, dass die MPU von ihrem theoretischen Ansatz her ein hervorragendes Instrument dafür ist, Zweifel an Eignungsmängeln zu beurteilen. Die MPU als solche muss daher unbedingt bleiben. Ihr Einsatz kann auch ohne Weiteres sogar ausgeweitet werden. Nur die Art, wie das Procedere um die MPU heute stattfindet, ist dringend reformbedürftig. MPU-Prüfer müssen effizient überwacht werden, es muss eine Kontrollinstanz in Form der Wiedereinführung von Oberbegutachtungen geben, verkehrspsychologische Schulungstherapeuten bedürfen der staatlichen Lizenzierung und Überwachung. Und die Normen, nach denen eine MPU abzulaufen hat, haben nicht MPU-Psychologen festzusetzen, sondern – fachlich beraten – der Gesetz- oder Verordnungsgeber.

Dann kommt die MPU vielleicht endlich aus ihrem schlechten Image heraus!

Autor: Frank-Roland Hillmann

RA Frank-Roland Hillmann, FA für Verkehrsrecht, Oldenburg

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge