Zur Rechtskraftwirkung eines Urteils im Adhäsionsverfahren vgl. BGH zfs 2013, 287 m. Anm. Diehl.

1. Die Entscheidung macht die Gefahr eines unbezifferten Schmerzensgeldbetrags auch im Adhäsionsverfahren deutlich. Dass das Adhäsionsverfahren keine Klageabweisung bezüglich des zivilrechtlichen Anspruchs zulässt, sondern lediglich das Absehen von einer Entscheidung (§ 406 Abs. 1 S. 3 StPO; BGH NStZ 2003, 565), ändert nichts daran, dass das Urteil im Adhäsionsverfahren auch Rechtskraft erwirkt, ihm also über den Streitgegenstand eine "Abgeltungsfunktion" zukommt. Wird über einen Teil des im Adhäsionsverfahren geltend gemachten Anspruchs oder über einen von mehreren Ansprüchen gem. § 406 Abs. 1 S. 3 StPO von einer Entscheidung abgesehen, im Übrigen aber entschieden, liegt bezüglich der getroffenen Entscheidung ein Teilendurteil vor (vgl. BGH NStZ 2003, 565, 566; Rief, NStZ 1987, 143, 158). Der Geschädigte kann den nicht beschiedenen Anspruch anderweitig geltend machen (vgl. BGH wistra 2007, 102, 108, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 406 Rn 6). Soweit von einer Entscheidung abgesehen worden ist, hat der ASt. kein Rechtsmittel, da eine ihn belastende Entscheidung gerade nicht ergangen ist.

2. Bei der Geltendmachung des Schmerzensgeldes im Adhäsionsverfahren darf von einer Entscheidung nur abgesehen werden, wenn der Antrag unzulässig oder unbegründet ist (§ 406 Abs. 1 S. 6 und 3 StPO). Eine Nichteignung des Anspruchs wegen der Gefahr einer Verzögerung der Erledigung im Strafverfahren, die ansonsten vor allem bei der Notwendigkeit der Klärung schwieriger bürgerlich-rechtlicher Fragen (vgl. BGH DAR 2004, 256) und vor allem bei einer Kollision mit dem Beschleunigungsgebot (vgl. BGH wistra 2010, 272) angenommen wird (vgl. § 406 Abs. 1 S. 4), greift nicht bei der Geltendmachung eines Schmerzensgeldanspruchs ein.

Da die Entscheidung im Adhäsionsverfahren nach § 406 Abs. 3 S. 1 StPO einem Urteil im Zivilprozess gleich steht, wobei allerdings die Rechtskraft nach den Regeln der StPO damit nicht vor der Rechtskraft des Schuldspruchs eintritt, liegt eine deutliche Unterscheidung zu den Regeln der ZPO über den Eintritt der Rechtskraft vor. Obwohl hinsichtlich des Ausspruchs im Adhäsionsurteil eine Begründungspflicht besteht (vgl. Meier/Dürre, JZ 2006, 32), hat diese nach den Regeln der StPO zu erfolgen, wobei sogar eine Angabe der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften nicht für "unerlässlich" gehalten wird (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 406 Rn 3). Wird so verfahren, liegt eine bedenkliche Abweichung von dem Standard des Zivilprozesses vor, da die Anführung der rechtlichen Grundlagen der Entscheidung sowohl der Verständlichkeit wie der Selbstkontrolle des Richters dient.

3. Das Risiko der Geltendmachung eines unbezifferten Schmerzensgeldbetrags wirkt sich für den ASt. wie für den Kl. dann aus, wenn zum einen die gehegte Erwartung eines bestimmten Schmerzensgeldbetrags nicht durch die Entscheidung erfüllt wird, zum anderen sich die Unfallfolgen als deutlich schwerwiegender herausstellen, jedenfalls bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht in den Abwägungsvorgang mit eingeflossen sind. Einem Zurückbleiben des im Adhäsionsverfahren zugesprochenen Schmerzensgeldbetrags hinter der erwarteten, wenn auch nicht offen ausgesprochenen Summe kann dadurch vorgebeugt werden, dass ein Mindestbetrag gefordert wird. Will das Strafgericht hinter diesem Mindestbetrag zurückbleiben, muss es insoweit von einer Entscheidung absehen (§ 406 Abs. 1 S. 3 StPO). Ein solches Teilurteil ist zulässig (§ 406 Abs. 2 S. 2 StPO). Der überschießende Betrag ist vor dem Zivilgericht einzuklagen (vgl. Foerster, JZ 2013, 1143). Das Zivilgericht ist allerdings in entsprechender Anwendung des § 318 ZPO an die Entscheidung des Strafrichters gebunden (vgl. Foerster, a.a.O; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 406 Rn 3). Um das Risiko einer "zu geringen" Bemessung des Schmerzensgeldes durch das Strafgericht auszuschließen, empfiehlt sich damit die Angabe eines Mindestbetrags.

4. Gravierender ist eine weitere mögliche Rechtsfolge der Geltendmachung eines unbezifferten Schmerzensgeldbetrags. Aus der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldanspruchs, der die Ausklammerung von Verletzungen, die die Lebensfreude des Verletzten beeinträchtigen und deshalb bei der Bemessung zu berücksichtigen sind, wird abgeleitet, dass bei der gebotenen ganzheitlichen Betrachtung auch die absehbare nachteilige, auf den Unfall zurückzuführende Entwicklung des Schadensbildes in die Bewertung einzustellen ist (vgl. BGH VersR 1981, 164 f.; BGH DAR 2006, 445; Hillmann/Schneider, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 2: Verkehrszivilrecht, 6. Aufl., § 9 Rn 79). Für die Rechtsstellung des Geschädigten und ASt. im Adhäsionsverfahren wird die weitere Weichenstellung der Rspr. gefährlich. Die Frage, welche künftigen Schadensfolgen im Zeitpunkt der Bemessung des Schmerzensgeldes voraussehbar sind, wird objektiv beantwortet; abgestellt wird damit auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines Sachkundigen, damit auf...

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