EGVVG Art. 1 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 und 2; VVG § 12 a.F.

Leitsatz

Prämienansprüche aus sog. Altversicherungsverträgen, die im Jahre 2008 fällig werden, unterliegen der zweijährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 S. 1 VVG a.F.

BGH, Urt. v. 16.4.2014 – IV ZR 153/13

Sachverhalt

Die Kl. macht gegen die Bekl. zu 1 und den an den Rechtsmittelverfahren nicht beteiligten Bekl. zu 2 Ansprüche auf rückständige Prämienzahlungen aus drei Versicherungsverträgen i.H.v. (ursprünglich) 6.130,10 EUR geltend. Die Bekl. waren Gesellschafter einer inzwischen aufgelösten GbR, für die als Eigentümerin eines Einkaufszentrums mehrere Sachversicherungen bei der Kl. abgeschlossen worden waren. Eine offene Versicherungsprämie i.H.v. 4.595,66 EUR entfällt auf eine Gebäude-Leitungswasser- und Gebäude-Sturmversicherung vom 11.10.2002 für den Zeitraum 6.10.2008 bis 6.10.2009. Ausweislich des Versicherungsscheins vom 11.10.2002 sind Vertragsbestandteile unter anderem die AWB 87 und die AStB 87. Nach § 8 1. AWB 87 und § 8 1. AStB 87 hat der VN Folgeprämien am Ersten des Monats, in dem ein neues Versicherungsjahr beginnt, zu zahlen. Die ursprüngliche Versicherungsdauer lief vom 6.10.2002 bis 6.10.2007 mit einer stillschweigenden Verlängerung nach Ablauf der vereinbarten Dauer von Jahr zu Jahr, wenn nicht spätestens drei Monate vor Ablauf gekündigt wurde.

Die Kl. beantragte am 11.8.2009 einen Mahnbescheid gegen die GbR. Dieser wurde am 17.8.2009 zugestellt. Am 31.8.2009 ging ein Widerspruch ein. Mit dem dem Mahngericht am 21.11.2011 zugegangenem Schreiben beantragte die Kl. die Durchführung des streitigen Verfahrens, nahm die Klage gegen die GbR zurück und erweiterte die Klage auf die beiden Gesellschafter. Dieser Schriftsatz konnte dem Bekl. zu 2 bislang nicht zugestellt werden. Die Zustellung an die Bekl. zu 1 erfolgte am 15.12.2011. Diese erhob die Einrede der Verjährung.

Das LG hat die Bekl. zu 1 durch Teilurteil zur Zahlung von 5.381,54 EUR nebst Prozesszinsen verurteilt und die Klage gegen sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Bekl. zu 1, mit der diese ihre Verurteilung zu einer Zahlung von 785,88 EUR nebst Prozesszinsen und die Abweisung der Klage im Übrigen beantragt hat, ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Revision, mit der die Bekl. zu 1 ihre Berufungsanträge weiterverfolgt.

2 Aus den Gründen:

[4] "… Die Revision hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage in Höhe eines weiteren Betrages von 4.595,66 EUR gegen die Bekl. zu 1. …"

[5] I. Das BG … hat eine Verjährung für die allein noch zu beurteilende Forderung von 4.595,66 EUR aus der Gebäude-Leitungswasser- und Gebäude-Sturmversicherung für den Zeitraum vom 6.10.2008 bis 6.10.2009 verneint. …

[6] II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand; die streitgegenständliche Forderung ist verjährt.

[7] 1. Gem. Art. 1 Abs. 1 EGVVG findet auf Versicherungsverhältnisse, die bis zum Inkrafttreten des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23.11.2007 am 1.1.2008 entstanden sind (Altverträge), das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der bis dahin geltenden Fassung bis zum 31.12.2008 Anwendung, soweit in Abs. 2 und den Art. 2 bis 6 nichts anderes bestimmt ist. Zu Recht stellt das BG insoweit darauf ab, dass es sich hier um einen Altvertrag handelt, weil die automatische Vertragsverlängerung nicht als Neuabschluss zu verstehen ist (vgl. Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Art. 1 EGVVG Rn 14). Maßgeblich für einen Neuabschluss ist, dass der Vertragswille deutlich zum Ausdruck gebracht und zumindest ein wesentliches Merkmal des Versicherungsvertrages erheblich geändert wird. Das ist bei einer automatischen Verlängerung infolge von Nichtkündigung nicht der Fall, weil hierfür keine Willensbetätigung des Versicherungs-nehmers erforderlich ist (Armbrüster, a.a.O.).

[8] 2. Die streitgegenständliche Forderung ist in jedem Fall verjährt, unabhängig davon, ob sich die Verjährung nach Art. 1 Abs. 1 EGVVG i.V.m. § 12 Abs. 1 VVG a.F. (nachfolgend zu a) oder nach Art. 3 EGVVG (nachfolgend zu b) richtet.

[9] a) Auf der Grundlage des Art. 1 Abs. 1 EGVVG ist die Forderung verjährt. Sie wurde am 6.10.2008 fällig: Der VN hat nach § 8 1. AWB 87/AStB 87 die Folgeprämie am Ersten des Monats zu zahlen, in dem ein neues Versicherungsjahr (hier: 6.10.2008 bis 6.10.2009) beginnt. Da die Fälligkeit vor dem Zeitpunkt der Anwendung des neuen VVG auf Altverträge am 31.12.2008 liegt, gilt über Art. 1 Abs. 1 EGVVG die Regelung des § 12 Abs. 1 VVG a.F. Nach § 12 Abs. 1 S. 2 VVG a.F. beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Sie knüpft an die Fälligkeit und nicht die Entstehung von Ansprüchen an (vgl. Prölss, in: Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 Rn 5, 11 …). Danach begann die Verjährungsfrist am 31.12.2008 und endete am 31.12.2010.

[10] Ob und inwiefern der Mahnbescheid gegen die GbR Hemmungswirkung entfalten kann, wenn nach ihrer Auflösung nunmehr die Klage auf die Gesellschafter erweitert wird, hat auf die Verjährungsfrage keinen Einfluss. Die Kl. hat nach Zustellung des Mahnbescheids am ...

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