" … Die Kl. hat gegen die Bekl. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Zahlung restlicher Abschleppkosten i.H.v. EUR 121,74."

Zwar ist die Bekl. dem Grunde nach für sämtliche Schadensersatzansprüche einstandspflichtig, die dem Geschädigten durch den Verkehrsunfall vom 29.4.2013 entstanden sind. Zu den dem Geschädigten entstandenen Kosten gehören dabei auch die Kosten für das Abschleppen des Unfallfahrzeugs von der M-Straße … in K zur E-Straße … in K.

Auch ist die Kl. – wie inzwischen unstreitig gestellt ist – aufgrund der Abtretung der Autohilfe B GmbH hinsichtlich der Geltendmachung der Abschleppkosten aktivlegitimiert, wobei die Autohilfe B GmbH ihrerseits durch den Abtretungsvertrag mit dem Geschädigten, Herrn Ö, Forderungsinhaberin geworden war.

Jedoch ist durch die vorgerichtliche Zahlung der Bekl. i.H.v. EUR 161,84 der berechtigte Anspruch der Kl. vollständig erfüllt worden.

Insoweit beschränkt sich der Anspruch auf Schadensersatz wegen der Abschleppkosten gem. § 249 Abs. 2 BGB auf den erforderlichen Geldbetrag. Dieser kann vorliegend gem. § 287 ZPO auf der Grundlage der ortsüblichen Vergütung geschätzt werden, wobei für diese Schätzung wiederum die Preis- und Strukturumfrage im Bergungs- und Abschleppgewerbe des VBA für 2012 herangezogen werden kann. Auch nach Auffassung der Kl. stellen die dort ermittelten Preisangaben die bei den VBA-Mitgliedern ermittelten durchschnittlichen Stundenverrechnungssätze (u.a.) für Einsatzfahrzeuge dar.

Danach ist vorliegend vom Einsatz eines LKWs für die Fahrzeugbeförderung (LFB) auszugehen, wobei die Bekl. sich den Einsatz eines Fahrzeuges bis 11,99 t in Rechnung stellen lässt. Insoweit beträgt die branchenübliche durchschnittliche Vergütung für den Einsatz pro Stunde EUR 136 netto bzw. EUR 161,84 brutto. Diesen Betrag hat die Bekl. unbestritten vorprozessual bezahlt. Ein weitergehender Anspruch steht der Kl. dagegen nicht zu, da höhere Abschleppkosten nicht i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB erforderlich waren.

So ist nicht vorgetragen oder anderweitig ersichtlich, dass die Bergung und das Abschleppen des Unfallfahrzeuges mit einem Lkw für die Fahrzeugbeförderung mit Kran (LFBK) erforderlich war, und nicht auch mit einem Lkw ohne Kran (LFB) hätte ausgeführt werden können. Die Kl. behauptet auch selbst nicht, dass bei der Bergung ein Kran zum Einsatz gekommen wäre. Auch soweit das Fahrzeug blockierte und das Rad vorne abgerissen war, ist nicht ersichtlich, dass der Einsatz eines LFBK erforderlich gewesen wäre.

Ferner hat die Bekl. die Erforderlichkeit einer Bergungs- und Abschleppzeit von 1 ½ Stunden bestritten. Die Kl. hat dazu, dass ein Zeitaufwand von 1 ½ Stunden erforderlich gewesen sein soll, weder Tatsachen vorgetragen, noch Beweis angetreten. Ein solcher Zeitaufwand ist auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Fahrzeug blockierte und ein Vorderrad abgerissen war, nicht nachvollziehbar, liegt doch die Unfallstelle im Innenstadtbereich von Krefeld und beträgt die Abschleppstrecke nur etwa 4,3 Kilometer. Überdies hat die Bekl. im Einzelnen unbestritten vorgetragen, dass die Firma Autohilfe B GmbH für Abschleppeinsätze im Stadtgebiet von Krefeld gegenüber der öffentlichen Hand für den gesamten Abschleppeinsatz nur Kosten von EUR 60 in Rechnung stellt und in “Schutzbrieffällen’ Beträge bis maximal EUR 150.

Auf die Fragen, ob dem Geschädigte Ö bei der Beauftragung der Firma B ein Auswahlverschulden vorzuwerfen ist oder ob er Anlass hatte, an der Angemessenheit der Kosten zu zweifeln, kommt es vorliegend nicht an, da nicht der Geschädigte selbst diese Schadensposition geltend macht, sondern die Kl. auf der Grundlage einer Abtretung der Firma B. Im Verhältnis zwischen Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers einerseits und Abschleppunternehmen andererseits können aber die Einwendungen gegen die Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Abschleppkosten in vollem Umfang geltend gemacht werden. Bei objektiv überhöhten Kosten sind lediglich die erforderlichen Kosten zu erstatten; anders als im Verhältnis zum Unfallgeschädigten selbst ist insoweit keine subjektive Schadensbetrachtung geboten. Alle Erwägungen der Klägerseite dazu, dass den Geschädigten nach dieser subjektiven Schadensbetrachtung kein Auswahlverschulden trifft, er keine Marktforschung betreiben und keine Bedenken gegen die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Kosten haben musste, sind daher vorliegend unerheblich. Gleiches gilt für die Frage eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB. Vorliegend geht es allein um die objektiv zu beantwortende Frage, welche Abschleppkosten im zugrundeliegenden Fall tatsächlich erforderlich waren. Erforderlich waren insoweit aber – wie dargelegt – lediglich Kosten i.H.v. EUR 161,84 für den einstündigen Einsatz eines LFB bis 11,99 t. Die Erforderlichkeit darüber hinausgehender Kosten – auch der berechneten Telefongebühren – hat die Kl. schon nicht dargetan.“

Mitgeteilt von RA Dr. Michael Nugel, Essen

zfs 7/2014, S. 382 - 383

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