Die vorabgedruckten – gewissermaßen "verdienstvollen" – Entscheidungen des KG scheinen schwer miteinander vereinbar zu sein. Die nähere Betrachtung zeigt jedoch, dass das KG die Tradition der Rspr. zu den Voraussetzungen des Bestehens vorläufiger Deckung in der Voll- oder Teilkaskoversicherung aus den Zeiten der "Deckungskarte" in die Moderne der elektronischen Versicherungsbestätigung konsequent fortgeschrieben hat.

Mit der Übermittlung der elektronischen Versicherungsbestätigung (EVB) nach § 23 FZV an den VN oder einen Vertreter des VN oder an die Zulassungsbehörde nimmt der VR den durch die Anforderung der EVB gestellten Antrag auf Gewährung vorläufiger Deckung in der Kfz-Haftpflichtversicherung an. Stellt der VN daneben – schriftlich, elektronisch oder auch nur mündlich oder sogar nur konkludent (aufgrund des für den VR erkennbar bestehenden Kaskoschutzes für ein Vorgängerfahrzeug) – gegenüber einem insoweit empfangsberechtigten Vertreter des VR einen Antrag auf Gewährung von vorläufiger Deckung auch für den Kaskobereich, nimmt das KG konsequent Gleiches an, was früher bei Aushändigung der Deckungskarte in solchen Fällen schon galt: Die Übermittlung der EVB sagt konkludent vorläufigen Kaskoschutz zu.

Das gilt, wie das KG gleichfalls völlig unbestreitbar – in beiden Entscheidungen – ausgeführt hat, unabhängig davon, ob der VN sich selbst an den VR wendet, ob er sich an einen Versicherungsvertreter des VR wendet, oder ob er "seinen" Versicherungsmakler ausdrücklich oder konkludent beauftragt, ihm vorläufige Deckung in der Kaskoversicherung zu verschaffen.

Die Annahme vorläufiger Kaskodeckung ist allerdings in allen diesen Fällen davon abhängig, dass der VN zu beweisen vermag, dem VR sein Interesse daran (auf welche Weise auch immer) erkennbar gemacht zu haben, bevor (!) der VR die EVB übermittelt hat.

Das wirft in Fällen, in denen der VN sich eines Versicherungsmaklers bedient, ein vom KG zutreffend erkanntes Problem auf: Dem VR kann die Bedeutung der von ihm veranlassten Übermittlung der EVB für den Kaskobereich nur bewusst sein, wenn der Versicherungsmakler des VN dem VR verdeutlicht – durch einen schriftlichen, in Textform gehaltenen oder mündlichen Antrag oder auch durch Verweis auf einen bisher bei dem VR bestehenden Versicherungsschutz –, dass der VN eine Kaskodeckung wünscht. Die Bitte des VN an seinen Versicherungsmakler, ihm umfassenden Versicherungsschutz zu verschaffen, die der Versicherungsmakler nicht nachweislich weitergegeben hat, führt eben noch nicht zu umfassendem Versicherungsschutz.

Ist allerdings der Versicherungsmakler vom VR bevollmächtigt, vorläufige Deckung auch im Kaskobereich "abzurufen", so ist er insoweit auch Empfangs- und Abschlussvertreter des VR. Bittet der VN "seinen" (und des VR) Versicherungsmakler also um vorläufigen Kaskoschutz und übermittelt der Versicherungsmakler "danach" eine EVB an die Zulassungsbehörde, entsteht für den VN der Rechtsschein vorläufiger, vom VR gewährter Kaskodeckung. Auch diese zeitliche Abfolge muss allerdings der VN beweisen, was ihm in dem am 11.2.2014 entschiedenen Fall nicht gelungen ist.

Prof. Dr. Roland Rixecker, Präsident des OLG Saarbrücken

zfs 6/2015, S. 337 - 339

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