Das Urteil des LG ist durch Rücknahme der Berufung rechtskräftig geworden. Zum Abgeltungsumfang beim Abfindungsvergleich, den Lösungsmöglichkeiten und der Nachforderung von Schadensersatzforderungen vgl. BGH zfs 2009, 144 m. Anm. Diehl; OLG München zfs 2007, 350 m. Anm. Diehl; LG Kaiserslautern zfs 2007, 336 m. Anm. Diehl.

Nach § 278 Abs. 1 ZPO soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Regelung des Rechtsstreits bedacht sein. Obwohl im Schwerpunkt der versuchten Lösung von der Bindung an den Prozessvergleich Fragen der Unwirksamkeit nach § 779 BGB, des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und der Äquivalenzstörung stehen (vgl. OLG München zfs 2007, 380), können auch prozessuale Mängel des Prozessvergleichs vorliegen, die allerdings nur zu einer Verzögerung der Titulierung führen. Nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist der Prozessvergleich in das Verhandlungsprotokoll aufzunehmen. Das ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung. In der Eile der Geschäfte kann ein zur Unwirksamkeit führender Protokollierungsmangel vorkommen. Wird, wie es üblich ist, ein Protokoll auf einem Diktiergerät aufgenommen, ist nach § 162 Abs. 1 Nr. 1, 2 ZPO der vorläufig auf Tonband aufgezeichnete Vergleich noch einmal vorzuspielen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1–3 ZPO). Fehlt der Vermerk "v.u.g" ist der Vergleich als Prozessvergleich unwirksam (vgl. auch BGH NJW 1954, 1886; BGH NJW 1955, 705). Fehlt die Feststellung nach § 162 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist zwar eine Unwirksamkeit als Prozessvergleich anzunehmen (BGH NJW 1984, 1465), aber das Verfahren damit nicht beendet. Vielmehr kann ein Vollstreckungstitel auf einem Umweg erreicht werden. Da der Prozessvergleich eine Doppelnatur aufweist, nämlich aus einem materiellen Rechtsgeschäft nach § 779 BGB und einem dem Prozessrecht zugehörigen Prozessvertrag besteht, der eine völlige oder teilweise Beendigung des Rechtsstreits bezweckt (vgl. BGH NJW 1983, 993, 997; Budach/Johlen, JuS 2002, 371), kann der Kl. den Rechtsstreit fortsetzen und aufgrund des trotz des Protokollierungsfehlers wirksam gebliebenen materiell-rechtlichen Vergleichs mit der darin enthaltenen fortgeltenden Regelung ein dementsprechendes Urteil erstreiten (vgl. Jaeger/Luckey, Das Schmerzensgeld, 6. Aufl., Rn 1594). Statt eines solchen Umwegs können vernünftige Parteien auch einen gleichlautenden außergerichtlichen Vergleich abschließen und sich entsprechend verhalten.

Einen Schwerpunkt der Probleme um den Abschluss gerichtlicher und außergerichtlicher Vergleiche stellt die Frage nach der Art der Beratung durch den an dem Zustandekommen des Vergleichs beteiligten Anwalt dar (vgl. dazu die Anmerkung zu LG Kaiserslautern zfs 2005, 359). Der von dem Anwalt herbeigeführte Vergleich bietet keine auf seine Haftung deutenden Anhaltspunkte für Defizite seiner Beratung. Vielmehr hatte er einen Vergleich über einen Betrag von 2.000 EUR erreicht. Das war für den Kl. ein günstiges Ergebnis, da wegen der Verkehrsverstöße, insb. die von der Erblasserin vorgenommene Überquerung der Fußgängerfurt unter Nichtbeachtung des für kreuzenden Verkehr geltenden Grünlichts, die von dem LG angenommene alleinige Haftung der Geschädigten gerechtfertigt scheint (§ 9 StVG). Da die Geschädigte ohne abzusteigen über die Fußgängerfurt gefahren war, stand ihr kein Vorrecht gegenüber kreuzendem Verkehr gem. § 26 Abs. 1 S. 1 StVO zu, so dass bei der Haftungsabwägung die Nichtbeachtung des Grünlichts die alleinige Haftung der Erblasserin begründete.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 6/2015, S. 317 - 321

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