Hinweis

In dem Bußgeldverfahren,

teile ich mit, dass sich der Betroffene weiterhin nicht zur Sache äußert.

Eine Identifizierung des verantwortlichen Fahrers zum Zeitpunkt der Messung ist nach dem Inhalt der behördlichen Ermittlungsakte nicht möglich.

Die überlassenen Messfotos lassen eine Identifizierung des verantwortlichen Fahrers des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Messung nicht zu, da das Foto eine mindere Qualität aufweist. Das Gesicht der das Fahrzeug führenden Person ist nur schlecht zu erkennen. Die der Unterscheidung dienenden Merkmale sind nicht bzw. nicht ausreichend und deutlich zu sehen.

Daher beantrage ich die Einholung eines anthropologisch-biometrischen Identitätsgutachtens zum Beweis der Tatsache, dass der Betroffene und der auf dem Messfoto abgebildete Fahrzeugführer personenverschieden sind.

Ergänzend darf darauf hingewiesen werden, dass aus der Haltereigenschaft nicht auf die Fahrereigenschaft geschlossen werden kann. Es ist auch nicht ausreichend, dass es lediglich wahrscheinlich ist, dass der Betroffene Fahrer des gemessenen Fahrzeugs gewesen ist.

Tatsächliche Anhaltspunkte für die Fahrereigenschaft bestehen nicht, weitere Ermittlungsansätze sind nicht ersichtlich, weshalb ich beantrage,

das Verfahren gegen den Betroffene nach § 46 Abs. 1 OWiG, § 170 Abs. 2 StPO, hilfsweise § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.

 

Erläuterung:

Angesichts technisch immer genauer werdender Abstands-/Geschwindigkeitsmessungen ist es oftmals eine empfehlenswerte Strategie, die Fahreridentität des Betroffenen konsequent zu bestreiten. Insbesondere dann, wenn das Beweisfoto von nicht allzu guter Qualität ist, sollte die Fahrereigenschaft generell bereits zu Beginn des Verfahrens bestritten werden. Selbst durch das lediglich pauschale Bestreiten der Fahreridentität bringt der Betroffene gegenüber dem Gericht zum Ausdruck, dass um Prüfung der Fahrereigenschaft gebeten wird, ohne selbst weiter zur Aufklärung beizutragen. Hierin liegt auch kein – zuweilen prozessual gefährliches – Teilschweigen (OLG Karlsruhe DAR 2004, 600).

Der Verteidiger muss auch darauf bedacht sein, die Strategie konsequent durch Stellung eines Beweisantrags auf Einholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens zu untermauern. Oftmals wird das Gericht bei nicht allzu guter Fotoqualität die Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG erwägen, meist zur Vermeidung des Aufwands und der verursachten Kosten eines Sachverständigengutachtens.

Aufgrund der Besonderheiten anthropologischer Gutachter sollte der Beweisantrag jedoch mit Bedacht gestellt werden, da es für Zweifel an der Fahrereigenschaft darauf ankommt, ob möglicherweise eine dem Betroffenen ähnlich sehende dritte Person Führer des Kraftfahrzeugs gewesen sein kann. Allerdings sollte ein konkreter Beweisantrag gestellt werden, da eine Beweisanregung seitens der Verteidigung nur erfolgen sollte, wenn ein förmlicher Beweisantrag aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht gestellt werden kann.

Unterbleibt die Einholung eines Sachverständigengutachtens trotz Beweisantrag, besteht Raum für die Rechtsbeschwerde. Stützt das Gericht eine Verurteilung auf das Ergebnis eines anthropologischen Gutachtens, hat der Verteidiger sich ausführlich mit den Urteilsgründen, den Angaben zur Merkmalshäufigkeit und den vergleichsweise gefundenen Merkmalsübereinstimmungen auseinanderzusetzen. Das Rechtsbeschwerdegericht muss anhand der Urteilsgründe selbst in die Lage versetzt werden, überprüfen zu können, ob das Messbild zur Identifikation einer Person überhaupt geeignet ist. Auch hier steht trotz des Bagatellcharakters der Bußgeldsachen oft der erfolgreiche Weg der Rechtsbeschwerde offen.

Autor: Claudio La Malfa

RA Claudio La Malfa, FA für Verkehrsrecht, Emmendingen

zfs 6/2015, S. 303

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