Der Entscheidung des BGH könnte ich noch zustimmen, wenn ein kleines mittelständisches Unternehmen einmal eine Forderung gegen einen Kunden in Deutschland gerichtlich durchsetzen muss. Hier ging es jedoch um ein Unternehmen, das eine Vielzahl gleichartiger Ansprüche durchsetzen will. Bei dem hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch i.H.v. 200 EUR nebst mit eingeklagten Anwaltskosten i.H.v. immerhin 703,80 EUR und den umstrittenen Terminsreisekosten i.H.v. rund 330 EUR könnte man auch auf den Gedanken kommen, dass die von dem Kl. gewählte Art seiner Vertretungsverhältnisse auch der Disziplinierung der Rechtsverletzter und der Abschreckung dient. Dem BGH hat dies aber keine Veranlassung gegeben, von einem Rechtsmissbrauch auszugehen. Grund und Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs sind – wenn sie eingeklagt werden – meist recht einfach zu belegen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass derartige Schadensersatzansprüche oft in ganzen Paketen in dreistelliger oder gar vierstelliger Anzahl bei demselben Prozessgericht geltend gemacht werden. Dann fragt man sich schon, warum der ausländische Kl. erstattungsrechtlich nicht gehalten sein soll, einen Prozessbevollmächtigten am ausgewählten Gerichtsstand zu bestellen, anstatt einen Anwalt zum Prozessbevollmächtigten zu bestellen, der seine Kanzlei möglichst weit weg vom Prozessgericht hat. Die Entfernung Kiel – München beträgt rund 870 km. Ferner dürfte ein in München kanzleiansässiger, auf die Rechtsmaterie spezialisierter Anwalt über die Rspr. "seiner" Münchener Gerichte besser informiert sein als ein Anwalt aus Kiel.

Bei einer Vielzahl von formularmäßig geführten Rechtsstreiten kommen leicht Reisekosten in 5- oder 6-stelliger Höhe zusammen. Die Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten sind natürlich dann niedriger, wenn der Anwalt mehrere Verhandlungstermine anlässlich einer einzigen Reise wahrnimmt. Dann sind die entstandenen Auslagen auf die einzelnen Verfahren zu verteilen (siehe Vorbem. 7 Abs. 3 S. 1 VV RVG).

Inhaltsgleiche Entscheidungen hat der I. ZS des BGH am 12.9.2013 zu seinen Aktenzeichen I ZB 40/13 und I ZB 42/13 getroffen.

VorsRiLG Heinz Hansens

zfs 6/2014, S. 346 - 349

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