UWG § 8 Abs. 1 S. 1

Leitsatz

Einer Unterlassungsklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn mit ihr auf einen Haftpflichtversicherer eingewirkt werden soll, um ihn daran zu hindern, im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung Sachverständigenhonorare ohne auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Begründung allein unter Hinweis auf pauschale Vergütungssätze zu kürzen, die nach der Höhe des Unfallschadens gestaffelt sind.

BGH, Urt. v. 19.7.2012 – I ZR 105/11

Sachverhalt

Der beklagte Haftpflichtversicherer erstattet bei der Regulierung von Unfallschäden in der Haftpflichtversicherung die geltend gemachten Sachverständigenkosten nach pauschalen Vergütungssätzen, die nach der Höhe des Unfallschadens gestaffelt sind. Diese Vergütungssätze sind das Ergebnis von Gesprächen mit dem Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK). Das hat zur Folge, dass bei einem übersteigen der vom Geschädigten bei der Abwicklung der Unfallschäden geltend gemachten Sachverständigenkosten gegenüber den zwischen dem BVSK und der Bekl. vereinbarten Vergütungssätzen die Bekl. ohne weitere Prüfung im Einzelfall die Sachverständigenkosten auf den jeweiligen pauschalen Vergütungssatz kürzt. Das erläutert die Bekl. gegenüber dem Geschädigten mit folgendem Formularschreiben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Rechnung für das Gutachten haben wir mit … EUR ausgeglichen. Wir erachten ein Sachverständigenhonorar in dieser Höhe für üblich und angemessen. Es stellt nach unserer Auffassung den "erforderlichen" Aufwand zur Schadensbeseitigung gem. § 249 BGB dar.

Hierbei sind wir den Empfehlungen 2007 des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) gefolgt und haben das Gesprächsergebnis BVSK-Versicherungen (HUK) zugrunde gelegt.

Soweit unsere Zahlung nicht als ausreichend angesehen wird, legen Sie bitte die für die Sachverständigenleistung übliche Vergütung dar. Wir nehmen insofern Bezug auf die Entscheidung des BGH vom 4.4.2006 X ZR 80/05 und X ZR 122/05.“

Die klagende Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat diese Vorgehensweise der Bekl. für wettbewerbsrechtlichen unlauter gehalten. Die unterlassene Einzelfallprüfung der Honorarkürzung führe zu einer Herabsetzung der Tätigkeit und geschäftlichen Verhältnisse der Sachverständigen und zu einer Täuschung der Geschädigten. Bei den Adressaten des Formularschreibens entstehe der Eindruck, der Sachverständige missachte verbindliche Standards. Beauftragten die Geschädigten Sachverständige, die sich nicht an die von der Bekl. zugrunde gelegten Kostentabelle hielten, müssten sie mit Schwierigkeiten bei der Schadensabwicklung rechnen und seien dem Gebührenanspruch des Sachverständigen ausgesetzt, der nicht in voller Höhe von der Versicherung ausgeglichen werde. Das habe die Folge, dass nur Sachverständige beauftragt würden, die sich an die Gebührensätze der Bekl. hielten. Die Kl. hat die Verurteilung der Bekl. zur Unterlassung der Vornahme von Kürzung von Honoraren von Sachverständigen im Rahmen der Regulierung von Kfz-Haftpflichtschäden ohne Einzelfallprüfung, insb. unter Hinweis darauf, dass das angesetzte Entgelt den Betrag nach dem Gesprächsergebnis WSK/HUK Coburg übersteige und damit begründe, dass nur der Betrag nach dem Gesprächsergebnis üblich und angemessen sei und dem zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwand entspreche. Nach Abweisung der Klage durch das LG hat die Kl. zusätzlich hilfsweise zum Klageantrag beantragt, die Bekl. zur Unterlassung zu verurteilen, im Wettbewerb handelnd Kürzungen bei Honoraren von Sachverständigenhonoraren im Rahmen der Regulierung von Kfz-Haftpflichtschäden selbst oder durch Dritte vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, soweit die jeweilige Kürzung allein wörtlich oder inhaltsgleich mit dem Formularschreiben begründet wird. Die Berufung der Kl. bleibt erfolglos. Mit der zugelassenen Revision hat die Kl. ihre Klageanträge weiter verfolgt. Die Revision hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

[11] "… 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das BG die Zulässigkeit des Unterlassungshauptantrags verneint hat."

[12] a) Mit dem in erster Linie verfolgten Unterlassungsantrag beanstandet die Kl. von der Bekl. vorgenommene Kürzungen des Sachverständigenhonorars bei der Regulierung von Kraftfahrzeughaftpflichtschäden in Fällen, in denen die Bekl. keine auf den jeweiligen Einzelfall zugeschnittene Prüfung vorgenommen und keine entsprechende Begründung abgegeben hat. Dabei richtet sich der Unterlassungsantrag vor allem gegen Honorarkürzungen, die die Bekl. damit begründet, dass das beanspruchte Sachverständigenhonorar das Ergebnis des Gesprächs mit dem BVSK übersteigt. Ziel des Unterlassungsantrags ist danach eine Änderung der Regulierungspraxis der Bekl. Dabei erfasst der Antrag nicht nur das von der Kl. beanstandete außergerichtliche Regulierungsverhalten der Bekl., sondern auch ihre Rechtsverteidigung im Prozess. Im Falle der Verurteilung wäre die Bekl. gehindert, die...

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