ZPO § 286

Leitsatz

Der VN muss beweisen, dass das Fahrzeug unbeschädigt abgestellt und beschädigt wieder aufgefunden wurde. Das Auffinden des Fahrzeugs mit Aufbruchspuren (hier: eine eingeschlagene Seitenscheibe) für sich allein begründet allerdings noch nicht das äußere Bild der Entwendung, weil solche Beschädigungen auch bei einem vorgetäuschten Diebstahl vorhanden sein können.

OLG Hamm, Urt. v. 8.2.2012 – 20 U 172/11

1 Aus den Gründen:

" … Die zulässige Berufung des Kl. ist unbegründet."

Dem Kl. steht der geltend gemachte Anspruch, wie das LG im Ergebnis zu Recht festgestellt hat, aus dem zu dem zum Zeitpunkt des behaupteten Diebstahls bestehenden Kaskoversicherungsvertrag nicht zu, da dem Bekl. der ihm obliegende Beweis der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalls gelungen ist.

Zwar werden dem VN im Entwendungsfall Darlegungs- und Beweiserleichterungen eingeräumt, die darauf beruhen, dass ihm in der Regel keine Zeugen für den Nachweis der eigentlichen Entwendungshandlung zur Verfügung stehen. Im Regelfall muss es deshalb genügen, wenn ein – vom VN zu beweisender – äußerer Sachverhalt (i.e. das sog. “äußere Bild') feststeht, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass versicherte Gegenstände in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet worden sind (st. Rspr., vgl. nur BGH VersR 1984, 29 … ). Bei der Kfz-Versicherung ist das äußere Bild eines Diebstahls regelmäßig dann gegeben, wenn der VN das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abstellt, an dem er es später nicht wieder vorfindet (st. Rspr., vgl. nur BGH NJW-RR 2002, 671 … ). Diese Beweisregelung gilt entsprechend für die Entwendung von Teilen des abgestellten Fahrzeugs (vgl. OLG Köln r+s 2006, 103). Dabei begründet das Auffinden des Fahrzeugs mit Aufbruchspuren (hier: die eingeschlagene Seitenscheibe) für sich allein noch nicht das äußere Bild der Entwendung, weil solche Beschädigungen auch bei einem vorgetäuschten Diebstahl vorhanden sein können (vgl. Senat zfs 1998, 467 … ).

Vorliegend kann allerdings im Ergebnis die Frage offen bleiben, ob der Kl., dem – wie seine Anhörung vor dem Senat ergeben hat – Zeugen für das sog. äußere Bild entgegen der mit der Berufung erhobenen Rüge nicht zur Verfügung stehen (weder kann der von ihm als Zeuge benannte Vater das Abstellen des Fahrzeugs in der Garage im unbeschädigten Zustand noch kann die als Zeugin benannte Ehefrau das Wiederauffinden des Fahrzeugs im beschädigten Zustand bekunden), den ihm auf der sog. “1. Stufe' obliegenden Beweis des äußeren Bildes durch seine eigenen Angaben erbringen kann oder die im Regelfall zugunsten des VN streitende Redlichkeitsvermutung hier ausnahmsweise erschüttert ist. Denn jedenfalls hat der Bekl. auf der sog. “2. Stufe' den Beweis der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalls (vgl. dazu BGH VersR 1984, 29 … ) erbracht.

Bereits der – unstreitige und im gegen den Kl. geführten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft K auch dokumentierte – sorgfältige und fachgerechte Ausbau der als gestohlen gemeldeten Vordersitze und des Navigationsgerätes (sogar die Verkabelung wurde fachgerecht abgeklemmt und nicht etwa durchtrennt) ohne jegliche Beschädigung der sonstigen Inneneinrichtung, was einen nicht unerheblichen Arbeits- und Zeitaufwand erforderte und damit das Entdeckungsrisiko für einen Dieb erheblich vergrößerte, spricht gegen den behaupteten TeilediebstahI (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.9.1999 – 4 U 154/98). Hinzu kommt, dass ein Ausbau der vom Kl. als gestohlen gemeldeten Fahrzeugteile nur in der Garage, in der sich das Fahrzeug befand, erfolgen konnte, da das mit einem Automatikgetriebe ausgestattete Fahrzeug nach eigenen Angaben des Kl. von ihm in Parkposition (Getriebestellung auf “P') abgestellt worden war und deshalb ohne ein – unstreitig nicht erfolgtes – Anschalten des Motors nicht aus der Garage bewegt werden konnte. Vor diesem Hintergrund ist der Abtransport der beiden als gestohlen gemeldeten Vordersitze in keiner Weise nachvollziehbar: Denn unstreitig konnte der Kofferraum von den vermeintlichen Dieben weder von innen noch von außen geöffnet werden, so dass ein Abtransport der sperrigen Sitze durch die Kofferraumklappe per se ausscheidet. Hinzu kommt, dass nach den – vom Kl. nicht in Abrede gestellten – Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens links und rechts des in der Garage geparkten Fahrzeugs nur ca. 55 cm Abstand zwischen Pkw und Garagenwand vorhanden waren. Nach Öffnen der Fahrzeugtüren verblieb eine Öffnungsbreite von lediglich 35 cm. Ein Abtransport der beiden Vordersitze im vollständigen Zustand durch die – bei Ausscheiden der Kofferraumklappe allein verbleibenden – Fahrzeugtüren war deshalb (unstreitig) nicht möglich, zumal es sich um elektrisch verstellbare Sitze gehandelt hat, die sich (ebenfalls unstreitig) manuell nur nach vorn und hinten bewegen, nicht aber in der Höhe verstellen oder in eine Liegeposition verbringen lassen. Letz...

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