" … (1.) Bei der Ermittlung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ist grds. die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten maßgebend, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, d.h. solange seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war. Der Versicherte muss zu dieser konkreten beruflichen Tätigkeit in einem Ausmaß nicht mehr im Stande sein, dass nach den Versicherungsbedingungen ein Rentenanspruch begründet wird. Dies muss der VN darlegen und beweisen (BGH VersR 2003, 631)."

Abzustellen ist hier auf die Tätigkeit von April 2007 bis Oktober 2007 bei der Firma P. Diese war die letzte Tätigkeit der Kl. vor dem von ihr behaupteten “Leistungseinbruch’ im Oktober 2007. Dass frühere Tätigkeiten krankheitsbedingt aufgegeben wurden, hat sie nicht behauptet.

Das LG hat nach Vernehmung des Zeugen H für bewiesen erachtet, dass die Kl. als Exportleiterin unter Erfolgszwang durch Leistungsvorgaben stand und die Arbeitszeit über 8 Stunden (Arbeitsbeginn um 8.00 Uhr – Arbeitsende regelmäßig um 18.00 Uhr – Pausenlänge nicht konkretisiert) durchschnittlich bei ihrer regelmäßigen Innendiensttätigkeit betrug. Außerdem musste die Kl. neben der Innendiensttätigkeit zur Kundenbetreuung und dem Ausbau von Kundenbeziehungen monatlich an mehreren Tagen ins Ausland mit verschiedenen Verkehrsmitteln zu den Kunden oder zu Messen reisen. An diesen Tagen war die Arbeitszeit verlängert. Aus der Reisekostenabrechnung der Kl. ergaben sich für die Tätigkeit bei der Firma P rund eine mehrtägige Reise pro Monat.

Ob deswegen etwas anderes gilt, wie die Kl. meint, weil sie sich bei der Firma P noch in der Einarbeitungszeit befunden habe und sich ihre anfänglich noch geringe Reisetätigkeit deutlich nach erfolgreicher Einarbeitungszeit erhöht hätte – auf mindestens 160 Tage pro Jahr kann offen bleiben. Auf das zeitliche Ausmaß der Reisetätigkeit kommt es nicht entscheidend an, wie unter (2.) näher begründet ist.

(2.) Die Berufsunfähigkeit muss nach § 2 Abs. 1 B-BUZ durch eine Krankheit hervorgerufen sein. Unter einer Krankheit ist jeder regelwidrige physische oder psychische Zustand zu verstehen, der von dem “normalen Gesundheitszustand’ so stark und so nachhaltig abweicht, dass er geeignet ist, die berufliche Leistungsfähigkeit oder die berufliche Einsatzmöglichkeit dauerhaft – hier 6 Monate – auszuschließen oder zu mindestens 50 % zu beeinträchtigen (Senat NJW-RR 2003, 468).

Diese Erkrankung besteht bei der Kl. in einer arteriellen Hypertonie, die die Leistungsfähigkeit der Kl. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht dauerhaft so beeinträchtigt hat, dass sie ihre beruflich verlangten Tätigkeiten zu mindestens 50 % nicht mehr hat ausüben können. Die Kl. hat weder behauptet, dass sie einzelne Tätigkeiten nicht mehr habe ausüben können, noch vorgetragen, dass sie insgesamt nicht einmal durchschnittlich fünf Stunden Innendiensttätigkeit und die Hälfte der von ihr verlangten Reisetätigkeit mehr habe bewältigen können. Es ist auch nicht ersichtlich, welche aktuelle Leistungseinschränkung sie daran hätte hindern sollen. Deshalb kam es lediglich auf den Vortrag der Kl. an, durch eine Fortführung ihrer Berufstätigkeit drohe eine Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation. Die berufliche Belastung führe dazu, dass ihr stabilisierter Blutdruck entgleise, so dass als weitere Folge ihre Niereninsuffizienz fortschreite bis hin zum Verlust ihrer Nierenfunktion.

Solche überobligationsmäßigen Anstrengungen, die die Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Kl. hervorrufen (allgemein dazu: BGH VersR 2001, 89), stehen aber nicht fest.

Soweit es um gesundheitliche Gefahren oder Beeinträchtigungen geht, ist die Fortsetzung der bisherigen Berufstätigkeit in einem 50 % übersteigenden Ausmaß nur dann als überobligationsmäßig anzusehen, wenn aufgrund nachgewiesener konkreter Beweisanzeichen die Prognose gestellt werden kann, es werde mit einem messbaren, rational begründbaren Grad von Wahrscheinlichkeit zu weiteren Gesundheitsschäden kommen. Ist völlig offen, ob weitere Gesundheitsschäden eintreten, ist bei einer mehr als hälftigen möglichen Fortsetzung der früheren Berufstätigkeit eine Berufsunfähigkeit nicht bewiesen (BGH VersR 2001, 89).

(a) Der Sachverständige Dr. Ö hatte bereits erstinstanzlich in seinem Gutachten vom 1.8.2012 ausgeführt, nach der Blutdruckentgleisung im Jahr 2007 sei der Blutdruck der Kl. durch eine medikamentöse Behandlung gut eingestellt worden. Dies zeigten bereits die Befunde im Jahr 2008. Es liege zwar eine Herzmuskelwandverdickung vor, die Kl. sei aber in der Ergometrie bis 120 Watt beschwerdefrei belastbar. Selbst während der Belastung sei der Blutdruck stabil geblieben. Auch wenn der Sachverständige der Ansicht war, die Kl. solle schwere körperliche und psychische Belastungen vermeiden und auf Pausen achten, sah er selbst gelegentliche Arbeitszeiten bis zu 12 Stunden – auch an Wochenenden – nicht als problematisch an. Die berufliche Belastung durch Gewinnerwartungen, durch Reisen und Messepräsentationen hie...

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