Hinweis

"Die Sachverständigenkosten durch das von unserer Mandantschaft in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten belaufen sich auf … EUR brutto. Ich verweise auf die Rechnung des Kfz Sachverständigenbüro … vom … Die Rechtsauffassung Ihres Hauses verfängt nicht. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist meinem Mandanten nicht anzulasten. Es ist nicht Aufgabe des Schädigers, die Höhe des Schadens festzustellen und auch nicht Aufgabe dessen Kfz-Haftpflichtversicherers bzw. eines Arbeitnehmers des Versicherers. Unstreitig dürfte schließlich sein, dass der von Ihnen beauftragte "Sachverständige" in Ihrem Hause angestellt ist. Es ist nicht hinzunehmen, dass der Schädiger bzw. Versicherer selbst bestimmen darf, welche Zahlungen er zur Schadenswiedergutmachung zu leisten hat."

Das Sachverständigengutachten hat neben einer Beweisfunktion eine Schadensfeststellungsfunktion. Der Geschädigte ist in der Auswahl des Sachverständigen frei. Er braucht sich nicht auf Anweisungen oder Empfehlungen der Versicherer oder Werkstätten einzulassen. Hat zunächst der Versicherer ein Gutachten eingeholt, beeinträchtigt das nicht das Recht des Geschädigten, ebenfalls ein eigenes Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen einzuholen. Ich setze die Entscheidungen des OLG Stuttgart (NJW 1974, 951) und des KG Berlin (VersR 17, 70, 229) als bekannt voraus. Die dadurch entstehenden Kosten sind damit gleichwohl uneingeschränkt vom Versicherer des Schädigers zu erstatten.

Ergänzend wird das Urteil des AG Oldenburg (Holstein) vom 22.4.2008 zum Az. 22 C 1027/07 wie folgt – auszugsweise – zitiert:

"Es entspricht einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall nicht gehalten ist, sich auf die Begutachtung des Sachschadens durch die Versicherung zu verlassen. Denn der Geschädigte kann selbst dann ein eigenes Sachverständigengutachten in Auftrag geben, wenn er weiß, dass die Versicherung bereits einen eigenen Sachverständigen beauftragt hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.1974 – 13 U 125/73, NJW 1974, 951; KG, Urt. v. 26.4.1976 – 12 U 2992/75, DAR 1976. 241 f.; KG, Urt. v. 1.7.1976 – 12 U 268/76, DAR 1977, 16; LG Mannheim, Urt. v. 30.5.1980 – 2 O 194/79, zfs 1980, 266; LG Essen, Urt. v. 14.1.1981 – 1 S 570/80, DAR 1981, 224; LG Stuttgart, Urt. v. 19.11.1971 – 6 S 237/71, VersR 1972, 698 f.; Meinel, VersR 2005, 201). Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der “Waffengleichheit’ zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner. Denn aus diesem Grundsatz folgt, dass gerade bei einer Beauftragung eines Sachverständigen durch die Versicherung der Geschädigte das Recht behalten muss, das Gutachten eines Sachverständigen "seines Vertrauens" einzuholen (so ausdrücklich OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.1974 – 13 U 125/73, NJW 1974, 951)."

Ich gehe daher davon aus, dass binnen der unten genannten Frist reguliert wird.“

 

Erläuterung:

Nach einem Verkehrsunfall – wenn der Geschädigte nicht schnell genug ist – versucht der Haftpflichtversicherer bekannterweise oft, die gesamte Schadensregulierung in die Hände zu bekommen. Eine erste Weichenstellung erfolgt dadurch, dass der Haftpflichtversicherer selbst ein Schadensgutachten in Auftrag gibt und hierbei häufig lediglich auf Mitarbeiter des eigenen Hauses zurückgreift.

Wenn sich dann der Geschädigte erdreistet, nun selbst noch ein Gutachten in Auftrag zu geben, werden die in diesem Gutachten ermittelten Daten im Rahmen der Regulierung nicht anerkannt. Zeitgleich verweigert der Kfz-Haftpflichtversicherer dann auch eine Übernahme der Gutachterkosten.

Eine Verweigerung ist schadensersatzrechtlich aber nicht anzuerkennen. Zu Recht geht die Rechtsprechung davon aus, dass – selbst wenn durch den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer im Vorfeld ein Gutachten in Auftrag gegeben wurde – dies der Geschädigte nicht akzeptieren muss (sondern auf Kosten des Schädigers ein eigenes Schadensgutachten in Auftrag geben kann).

Autor: Stefan Herbers

RA Stefan Herbers, FA für Arbeitsrecht, FA für Verkehrsrecht, Oldenburg

zfs 5/2016, S. 243

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