" … Die Kl. hat gegen die Bekl. keinen Anspruch aus § 59 Abs. 1, 2 VVG a.F. Gem. § 59 Abs. 1 VVG a.F. haften mehrere VR als Gesamtschuldner, wenn ein VN bei ihnen ein Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert hat und die Summe der Entschädigung, die von jedem VR ohne Bestehen der anderen Versicherung zu zahlen wäre, den Gesamtschaden übersteigt. Im Innenverhältnis sind sie zueinander nach § 59 Abs. 2 VVG a.F. zu Anteilen nach Maßgabe der Beträge verpflichtet, die sie dem VN nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen haben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da die Bekl. zur Übernahme der Kosten des Rücktransports nicht verpflichtet war.

Gem. der dem Versicherungsvertrag der Bekl. zugrunde liegenden Tarifbedingungen sind die Mehrkosten einer ärztlich angeordneten Rückführung aus dem Ausland nur dann erstattungsfähig, wenn die medizinische Notwendigkeit nachgewiesen ist. Eine Behandlungsmaßnahme ist grds. dann medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen (BGH, NJW 79, 1250). Nach Ansicht der Kammer muss für die Frage der medizinischen Notwendigkeit eines Rücktransports feststehen, dass die Behandlung im Ausland nicht kunstgerecht durchgeführt wurde oder gar nicht durchgeführt werden konnte. Nur so kann klar definiert werden, ob ein Rücktransport medizinisch notwendig oder nur medizinisch sinnvoll war. Denn ließe man ausreichen, dass eine Behandlung im gewohnten, heimischen Umfeld besser durchgeführt werden könnte, wäre letztlich jeder Rücktransport medizinisch notwendig. Denn gewisse Sprachbarrieren und Vorbehalte werden bei einer Behandlung im Ausland regelmäßig bestehen. Damit wäre eine Auslandskrankenversicherung, wie sie die Kl. anbietet, im Ergebnis überflüssig, da zwischen einem medizinisch notwendigen und einem medizinisch sinnvollen Rücktransport kein Unterschied mehr bestünde.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Rücktransport medizinisch notwendig war. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass die Behandlung in Bahrain kunstgerecht durchgeführt wurde und keine schweren Behandlungsfehler erkennen lasse. Zwar könnten die erfolglosen Extubationsversuche i.V.m. der Sprachbarriere durchaus zu einer Erschütterung des Arzt-Patienten-Verhältnisses geführt haben, dies beruhe dann aber ausschließlich auf der subjektiven Wahrnehmung der Patientin. Behandlungsfehler könne er nicht erkennen. Die Verursachung eines Pneumothorax sei eine typische Komplikation und keinesfalls Folge einer Fehlbehandlung. Ebenso seien die beiden Extubationsversuche, die jeweils wieder zur Reintubation führten, nicht zu beanstanden, da von einer schwierigen Beatmung ausgegangen werden könne. Weiterhin sei für die Entwöhnung vom Beatmungsgerät die Kenntnis der Sprache der behandelnden Ärzte nicht erforderlich. In der Literatur fänden sich keine Hinweise, dass das Verstehen der Sprache notwendig sei und auch ihm selbst sei kein Fall bekannt, in dem nicht deutschsprachige Patienten in ihre Heimatländer zurückverlegt worden wären.

Das Sachverständigengutachten ist in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend. Die einzelnen Befunde sind in sich stimmig dargestellt worden. Die Fachkunde des Sachverständigen steht außer Zweifel.

Der Einwand der Kl., dass der Vergleich mit nicht deutschsprachigen Patienten, die in Deutschland behandelt werden, “hinke’, da die meisten ausländischen Patienten ihren Wohnsitz im Deutschland hätten und daher die Entwöhnung im gewohnte Umfeld und mit familiärer Unterstützung erfolge, greift nicht durch. Zum einen ist dies letztlich eine Mutmaßung der Kl. und zum anderen ändert dies nichts daran, dass die Kenntnis der Sprache, nur hierauf kommt es an, für die Entwöhnung nicht zwingend erforderlich ist. … “

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