BGB § 823 § 826

Leitsatz

1. Bedingter Vorsatz setzt voraus, dass der Handelnde die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Schutzgesetzes oder im Falle des § 826 BGB die Schädigung des Anspruchstellers jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat.

2. Der Beweis des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen des bedingten Vorsatzes kann im Rahmen des § 826 BGB sich aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns, insb. dem Grad der Leichtfertigkeit des Schädigers folgen. Insb. kann es beweisrechtlich nahe liegen, dass der Schädiger einen pflichtwidrigen Erfolg gebilligt hat, wenn er sein Vorhaben trotz starker Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes durchführt, ohne auf einen glücklichen Ausgang vertrauen zu können, und es dem Zufall überlässt, ob sich die von ihm erkannte Gefahr verwirklicht oder nicht.

(Leitsätze der Schriftleitung)

BGH, Urt. v. 20.12.2011 – VI ZR 309/10

Sachverhalt

Der Kl. nimmt die Bekl. zu 1 (nachfolgend: Bekl.) auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Beteiligung an dem Filmfonds Vif Babelsberger Filmproduktion GmbH & Co. Dritte KG (nachfolgend: Vif 3 KG) in Anspruch.

Am 14.12.2000 beteiligte sich der Kl. mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 200.000 DM zuzüglich Agio i.H.v. 5 % an der Vif 3 KG. Der Zweck dieser Gesellschaft bestand laut dem Emissionsprospekt v. 26.5.2000 darin, kommerzielle Fernseh- und Kinospielfilme sowie Fernsehserien zu entwickeln, zu produzieren und zu verwerten. Nach den Angaben im Prospekt sollten die Filmproduktionen durch den Abschluss von Erlösausfallversicherungen abgesichert werden. Die Bekl. hatte im Rahmen der Konstituierung des Filmfonds verschiedene Aufgaben übernommen, darunter die Eigenkapitalvermittlung, die Erstellung des Prospektentwurfs und Beratungsleistungen. Im Jahre 2002 geriet die Vif 3 KG im Zusammenhang mit der Insolvenz des Produktionsdienstleisters in wirtschaftliche Schwierigkeiten. An den Produktionsdienstleister überwiesene Gelder waren nicht zurückzuerlangen. Es stellte sich heraus, dass keine Erlösausfallversicherungen für die einzelnen Produktionen abgeschlossen worden waren, sondern für die Vif 3 KG sowie drei weitere Fondsgesellschaften lediglich ein Rahmenvertrag ("cover-note") mit der R. – Versicherung bestand, der den späteren Abschluss von Einzelerlösausfallversicherungen vorsah. Am 7.10.2002 einigten sich die Gesellschafter der vier Fondsgesellschaften mit der R – Versicherung auf eine Aufhebung des Rahmenversicherungsvertrages gegen Zahlung von 6.171.246 EUR. Auf die Vif 3 KG entfiel ein Anteil i.H.v. 2.244.399 EUR.

Die auf Rückzahlung der geleisteten Einlage Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Beteiligung gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom BG zugelassenen Revision verfolgt der Kl. seinen Klageantrag gegen die Bekl. weiter.

2 Aus den Gründen:

[4] "I. Das BG hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt, dass eine Haftung der Bekl. aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB nicht bestehe. Der Kl. habe jedenfalls nicht bewiesen, dass dem damaligen Geschäftsführer (nachfolgend: Geschäftsführer) der Bekl. klar gewesen sei, dass die Prospektaussage, Filmproduktionen würden durch Erlösausfallversicherungen abgesichert, unrichtig sei und dadurch potentielle Anleger sittenwidrig geschädigt würden. Der Senat schließe sich der vom 15. Zivilsenat des OLG München im Urt. v. 6.8.2008 (Az.: 15 U 1775/06) und vom 18. Zivilsenat des OLG München im Urt. v. 26.2.2008 (Az.: 18 U 1698/06) vorgenommenen Beweiswürdigung an, wonach sich der subjektive Tatbestand der deliktischen Anspruchsgrundlagen nicht nachweisen lasse. Der Geschäftsführer der Bekl. habe davon ausgehen dürfen, dass für die produzierten Filme entsprechende Erlösausfallversicherungen abgeschlossen werden könnten. Er habe geglaubt, dass durch den Wechsel des Erlösausfallversicherers und des Riskmanagers im Dezember 1999 die zuvor mit dem Erlösausfallversicherer eines Schwesterfonds – der Firma L – bestehenden Probleme gelöst worden seien und deshalb ein Warnhinweis im Prospekt der Vif 3 KG nicht erforderlich sei. Darüber hinaus habe er durch ein von der Fondsgesellschaft eingeholtes Gutachten eines englischen Rechtsanwalts die Bestätigung erhalten, dass der nunmehrige Erlösausfallversicherer R infolge der cover-note verpflichtet sei, für jede einzelne der geplanten Filmproduktionen eine Einzelversicherung abzuschließen."

[5] Es sei rechtlich unerheblich, dass der frühere Riskmanager bei einem Schwesterfonds trotz Vorliegens einer cover-note unhaltbare, einer Ausstellung von Einzelpolicen entgegenstehende Forderungen aufgestellt habe und trotz dieses Umstands die Produktion von zwei Filmen bereits im August 1999 aufgenommen worden sei. Ebenso komme es nicht darauf an, dass der Geschäftsführer der Bekl. bei einer Gesellschafterversammlung der Vif 3 KG v. 11.11.1999 hiervon Kenntnis erlangt habe. Denn eine Haftung der Bekl. komme nur dann in Betracht, wenn das Versicherungskonzept im Kern durch die Erfahrungen in der Ve...

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