"… Dem Kl. steht gegen die Bekl. gem. A.2.1.1, A.2.2.4, A.2.7 der der Kraftfahrtversicherung der Parteien zugrunde liegenden AKB 09/2008 auch ein Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten wegen des beschädigten Motors zu. Anwendbar ist auf den vorliegenden Versicherungsfall vom 13.9.2010 das neue VVG (Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG)."

(a) Der Motorschaden ist adäquat kausal auf den versicherten Zusammenstoß mit dem Fuchs zurückzuführen. Ein bloßer Ursachenzusammenhang i.S.d. Adäquanzlehre genügt nach den Bedingungen, die in A.2.2 festlegen, dass die Beschädigung des Fahrzeugs “durch' die im Einzelnen näher beschriebenen Ereignisse versichert ist. Eine Einschränkung der Kausalität, wie z.B. in A.2.2.3 durch das Erfordernis der “unmittelbaren Einwirkung' findet sich in A.2.2.4 beim Zusammenstoß mit Tieren nicht (entsprechend auch OLG Köln VersR 2011, 1439 zu § 1 AWB 87 – “durch Leitungswasser'). Ein adäquater Kausalzusammenhang ist dann anzunehmen, wenn eine Handlung oder Unterlassung im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und deshalb nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des eingetretenen Erfolgs geeignet war …

Das Hinzutreten einer weiteren Ursache ist grds. unbeachtlich. So wird das Tatbestandsmerkmal der Wildschadenklausel “durch einen Zusammenstoß' auch dann erfüllt, wenn der Zusammenstoß mit dem Wild die adäquate Ursache für ein späteres zum Unfall führendes Verhalten des Fahrzeugführers war. Anders ist der Fall nur zu beurteilen, wenn das Verhalten des Fahrzeugführers völlig überzogen ist (BGH VersR 1992, 349) und dem ersten Ereignis die Folgen der hinzutretenden Ursache billigerweise nicht mehr zugerechnet werden können.

Der Zusammenstoß mit dem Fuchs bei den auf einer Autobahn gefahrenen hohen Geschwindigkeiten war im allgemeinen geeignet, nicht nur durch den Aufprall des Fuchses sofort entstehende Schäden hervorzurufen, sondern auch in deren Folge sich verstärkende Schäden aufgrund des weiteren Betriebs des Fahrzeugs bis zum sicheren Stillstand. Das Auslaufen von Betriebsmitteln und darauf beruhende Schäden bei der Weiterfahrt bis zum sicheren Abstellen des Fahrzeugs erfordern keine besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und deshalb nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umstände. Dies gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug sofort zum Stillstand kommt oder bis zum nächsten Parkplatz weiterbewegt wird. Denn auch eine Weiterfahrt bis zum nächsten – nahegelegenen – Parkplatz kann nicht als unwahrscheinliches Kausalereignis angesehen werden, welches den Ursachenzusammenhang so beeinflusst, dass ein sich erst bei der Weiterfahrt verwirklichender Schaden nicht mehr billigerweise auf den Aufprall des Tieres zurückgeführt werden könnte. Vielmehr wird die Unfallfolge nur vertieft, nicht aber ein unfallunabhängiges neues Geschehen in Gang gesetzt.

(b) Der daraus folgenden Entschädigungspflicht der Bekl. kann diese nicht entgegenhalten, der Kl. habe grob fahrlässig gegen seine Schadensminderungspflicht nach E.1.4 der AKB 09/2008 verstoßen. Selbst wenn der Motorschaden erst aufgrund der Weiterfahrt des Kl. bis zum Parkplatz entstanden ist, und durch ein sofortiges Abstellen auf dem Standstreifen hätte vermieden werden können, ist die Bekl. entschädigungspflichtig.

Es bestehen zwar Bedenken gegen die Argumentation des LG, dass der Zusammenstoß mit dem Fuchs und die anschließende Weiterfahrt bis zum nächsten Parkplatz “einen einheitlichen Versicherungsfall' darstellen mit der Folge, dass der Verzicht der Bekl. auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit in A.2.18 in Abweichung von § 81 Abs. 2 VVG auch für die Weiterfahrt nach dem Zusammenstoß mit dem Fuchs gilt. Denn § 81 VVG betrifft die Herbeiführung des Versicherungsfalls, während § 82 VVG die Schadensminderungspflicht bei Eintritt des Versicherungsfalls regelt (Prölss/Martin/Voit, 28. Aufl., § 82 Rn 3 … ).

Mit § 82 VVG in Einklang hat die Bekl. in E.1.4 ihrer AKB 09/2008 dem VN auferlegt, bei Eintritt des Schadensereignisses nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. In diesem Zusammenhang hat sie nicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet.

Der Versicherungsfall tritt ein, wenn die Voraussetzungen im jeweiligen Bedingungswerk für den Versicherungsfall erfüllt sind (BGH VersR 2005, 110). Das ist vorliegend die Beschädigung des versicherten Fahrzeugs aufgrund des Zusammenstoßes mit dem Fuchs (A.2.2.4 der AKB 09/2008). In der Sachversicherung treten Versicherungsfall und Schaden zeitgleich ein. Die Schadensabwendungs- bzw. -minderungsobliegenheit setzt somit mit dem Eintritt des Anfangsschadens ein (Bruck/Möller/Koch, VVG, 9. Aufl., § 82 Rn 102; MüKo-VVG/Looscheders, 2010, § 82 Rn 15).

Danach war der Versicherungsfall in dem Moment eingetreten, in dem das Fahrzeug des Kl. mit dem Fuchs zusammenstieß. Ab diesem Zeitpunkt galt § 82 VVG bzw. E.1.4 der AKB 09/2008, ohne den Verzicht der Bekl., sic...

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