" … Die zulässige Klage ist nicht begründet."

I. Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Betrags zu; ein solcher Anspruch folgt insb. nicht aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. den Versicherungsbedingungen.

Es kann dahinstehen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug entwendet wurde, denn jedenfalls ist die Bekl. gem. E.2.1 AKB leistungsfrei, da der Kl. arglistig gegen seine aus E.1.1.3 AKB folgende Aufklärungsobliegenheit, die Fragen der Bekl. zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten, verstoßen hat.

1. Der Sohn des Kl. hat die in der Schadensanzeige gestellte Frage nach Verkaufsabsichten objektiv falsch beantwortet, indem er sie wahrheitswidrig verneint hat.

2. Hierbei handelte es sich auch subjektiv um eine Falschangabe, denn dem Sohn des Kl. war bewusst, das Fahrzeug im Internet zum Kauf angeboten zu haben. Dabei kann dahinstehen, ob er, wie vom Kl. vorgetragen, “insb.‘ hat in Erfahrung bringen wollen, für welchen Preis er das Motorrad verkaufen könnte. Denn jedenfalls gab es das Verkaufsangebot, nach dem die Bekl. gefragt hat.

3. Die Frage der Kausalität der Obliegenheitsverletzung für die Feststellung des Versicherungsfalls oder die Feststellung bzw. den Umfang der Leistungspflicht der Bekl., kann gem. E.2.2 AKB dahinstehen. Denn bei der Falschbeantwortung der Frage handelte der Sohn des Kl. arglistig.

Arglist verlangt über das Wollen der Obliegenheitsverletzung hinaus, dass das Verhalten des VN zumindest bedingt vorsätzlich darauf gerichtet ist, dem VR einen Nachteil zuzufügen. Dieser Nachteil muss nicht in einer ungerechtfertigten Zahlung bestehen. Eine Bereicherungsabsicht ist mithin nicht erforderlich. Daher genügt es als vom VN gewollter Nachteil des VR, wenn das inkorrekte Verhalten des VN Beweisschwierigkeiten überwinden oder wenn der VR davon abgehalten werden soll, an sich gebotene Ermittlungen über die Berechtigung des Anspruchs anzustellen. Es genügt auch, wenn der VN lediglich die Regulierung beschleunigen wollte. (…)

Es mag sein, dass dem Sohn des Kl. sein Verhalten leid tut und er keinen Schlaf mehr finden konnte, weil er nach dem Fahrzeug im Internet recherchiert hat. Aber das beseitigt die bewusste Falschangabe nicht, zumal er diese unstreitig gegenüber dem Schadensermittler erneut wiederholt hat. Erst nach Konfrontation mit der Anzeige räumte der Sohn das Inserat ein. Er hielt also an seiner ursprünglichen Version fest, anstatt gleich die Gelegenheit zu nutzen, seinen von ihm vorgeblich so bedauerten Fehler einzugestehen.

Und selbst wenn der Sohn des Kl. unerfahren sein sollte in Angelegenheiten wie der vorliegenden, muss selbst ihm angesichts der ihm im Formular zur Schadenanzeige erteilten Belehrung über die Obliegenheiten und die Folgen ihrer Verletzung klargeworden sein, dass er wahrheitsgemäße Angaben zu machen hat.

Entscheidend kommt aber vor allem hinzu, dass der Kl. sogar selbst Umstände anführt, die eine Arglist seines Sohnes belegen. So habe sich dieser durch die Falschbeantwortung der Frage davor schützen wollen, “dass ihm die Internetannonce nachteilig ausgelegt wird‘. Damit bestätigt er das Bestreben, die Bekl. von Ermittlungen abzuhalten.

4. Die arglistige Falschangabe seines Sohnes ist dem Kl. zuzurechnen. Bei dem Sohn handelte es sich nämlich um seinen Wissenserklärungsvertreter.

Der VN haftet für die Angaben derjenigen Personen, die er mit der Erstattung von Auskünften gegenüber dem VR betraut hat. (…)

Den VN trifft im Falle folgenloser Arglist (§ 28 Abs. 3 S. 2 VVG) eine Sanktion, die rein pönalen Charakter hat, wenn der Wissenserklärungsvertreter deren Voraussetzungen erfüllt. Wenn der VN sich von eigenem Tätigwerden entlastet, muss er auch die Sanktionen, die sich an folgenlose Arglist knüpfen, auf sich nehmen. (…)

Das Argument des Kl., eine Wissenszurechnung sei nicht möglich, weil nicht auch er die Schadenanzeige ausgefüllt habe, greift nicht. Denn es ist gerade das Wesen der Zurechnung, dass der VN selbst keine Erklärung abgegeben hat. … “

Mitgeteilt von Ass. jur. F. Roland, A. Richter, R+V Allgemeine Versicherung AG, Wiesbaden

zfs 4/2018, S. 212 - 213

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