1. Das Gericht kann die Ergebnisse der Anhörung einer Prozesspartei gem. § 141 Abs. 1 ZPO im Rahmen einer Beweiswürdigung verwerten – genau wie den gesamten sonstigen Akteninhalt. Es bleibt aber dabei, dass die Parteianhörung, anders als die Parteivernehmung, kein Beweismittel i.S.d. ZPO ist.

2. Hat das Gericht die Parteien über eine umstrittene Tatsache lediglich angehört, hat es mithin keine Beweisaufnahme durchgeführt. Mangels Beweisaufnahme besteht auch keine Grundlage für eine Beweiswürdigung.

3. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der sich aus dem Recht auf gerichtliches Gehör ableitet, kann es gebieten, einer Partei, die sich in Beweisnot befindet, die Möglichkeit einzuräumen, ihre Wahrnehmungen über eine streitige Tatsache dem Gericht zu präsentieren. Dies muss nicht zwangsläufig im Rahmen einer Parteivernehmung geschehen. Es genügt, wenn die betreffende Partei angehört wird.

4. Ein dahingehender Antrag bindet das Gericht aber erst, nachdem die gegnerische Partei oder ein ihrem "Lager" zuzurechnender Zeuge vernommen worden ist. Erst dann widerspricht es der prozessualen Gleichbehandlung, wenn nicht auch die andere Partei die Gelegenheit erhält, ihre Wahrnehmungen dem Gericht so zu Gehör zu bringen, dass sie einer Beweiswürdigung unterzogen werden können.

KG, Urt. v. 11.7.2017 – 21 U 100/16

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