Die Entscheidung des XI. ZS des BGH war abzusehen, nachdem der V. ZS des BGH (zfs 2018, 108 m. Anm. Hansens = RVGreport 2018, 67 [Hansens]) die Anwendbarkeit des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO für einen Anwaltswechsel zwischen dem selbständigem Beweisverfahren und dem nachfolgendem Hauptsachestreit bejaht hatte. Gleichwohl gibt die Entscheidung Anlass für einige Bemerkungen.

Anwendbarkeit bei Selbstvertretung

Zur Gebührenanrechnung nach der Anm. zu Nr. 3307 VV RVG kommt man hier nur, wenn man auch die für die Kostenerstattung den Anfall von Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts fingierenden Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO heranzieht. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass der Erstattungspflichtige nicht deshalb geringere oder gar keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat, weil der Erstattungsberechtigte sich selbst in dem gerichtlichen Verfahren vertreten hat. Folglich handelt es sich bei dieser Regelung um eine Vorschrift zugunsten des in eigener Sache tätig gewesenen Rechtsanwalts. Wendet man diese Vorschrift auf die die Notwendigkeit des Anwaltswechsels regelnde Bestimmung des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO und somit auch auf den sich zuvor selbst vertretenen Rechtsanwalt an, wie es der BGH hier getan hat, wirkt sie sich zulasten des sich selbst vertretenen Rechtsanwalts aus. Wären nämlich die Bekl. nicht Rechtsanwälte, sondern Privatpersonen, so wären ihnen für die Selbstvertretung im Mahnverfahren ebenso wie dem sich selbst vertretenen Anwälten keine Gebühren nach dem RVG angefallen, sodass dann auch kein Anwaltswechsel erfolgt wäre, wenn sie erstmals im Streitverfahren einen Anwalt zum Prozessbevollmächtigten bestellten. Deshalb hätte ich mir zu dieser Problematik einige Ausführungen des BGH gewünscht.

Anwaltswechsel nicht notwendig

Der Auffassung des BGH, der Anwaltswechsel sei hier nicht notwendig, ist zuzustimmen. Der Anwaltswechsel hatte nämlich seine Grundlage lediglich in einer Weisung der Haftpflichtversicherung der Bekl. Er beruhte somit auf dem Innenverhältnis der Bekl. zu ihrer Versicherung. Aufgrund einer solchen internen Weisung der Versicherung musste ein Anwaltswechsel nicht eintreten.

Anders sehe ich dies jedoch für den Wechsel von dem sich selbst vertretenden Anwalt zum "fremden" Rechtsanwalt. Der in eigener Sache auftretende Rechtsanwalt hat nämlich gute Gründe, (zunächst) keinen anderen Anwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen. Für die Selbstvertretung entstehen dem in eigener Sache tätigen Anwalt neben seinem eigenen Zeitaufwand lediglich Personal – und Bürokosten, die im Regelfall unterhalb der bei Fremdvertretung entstehenden gesetzlichen Gebühren und Auslagen liegen. Demgegenüber schuldet der Anwalt dem mit seiner Vertretung betrauten Kollegen aufgrund des mit diesem geschlossenen Anwaltsvertrags die gesetzliche Vergütung. Diesem Aspekt wird in der Rspr. leider keine Bedeutung beigemessen.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

zfs 4/2018, S. 225 - 227

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