1. §§ 348 Abs. 4, 348a Abs. 3 ZPO bestimmen, dass auf eine unterlassene Vorlage oder Übernahme einer Sache durch den originären Einzelrichter oder die Kammer ein Rechtsmittel nicht gestützt werden kann. Wird also ein Einzelrichter tätig, obwohl die Sache besondere Schwierigkeiten aufweist oder sie grundsätzliche Bedeutung hat und damit die Kammer tätig werden müsste, soll das nach der Intention des Gesetzes nicht zur Begründung eines Rechtsmittels herangezogen werden können, mit Ausnahme einer kaum zu belegenden willkürlichen Entsendung (vgl. BGH NJW 2003, 1284; BGH NJW-RR 2003, 836). Abweichend von diesem gesetzlichen Grundsatz der fehlenden Relevanz von Übertragungs- und Übernahmefehlern des Einzelrichters oder der Kammer soll der Verstoß gegen die Funktionsverteilung zwischen Kammer und Einzelrichter mit der Berufung gerügt werden können. Als Beispiele hierfür werden angeführt, dass der Einzelrichter ohne Vorliegen eines Kammerbeschlusses oder die Kammer anstelle des originären Einzelrichters entschieden hat oder dass das Urteil nach einer unzulässigen Zurückübertragung nach § 348 Abs. 3 S. 4 ZPO ergangen ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 348 Rn 23).

2. Für den Bereich des Beschwerdeverfahrens geht der BGH davon aus, dass bei einer gebotenen, aber unterbliebenen Übertragung des Verfahrens eine Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters vorliege, weil der Einzelrichter objektiv willkürlich gehandelt habe. Rechtsfolge sei die Verpflichtung des Beschwerdegerichts, das Verfahren unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an den Einzelrichter zurück zu verweisen (vgl. BGH NJW 2003, 1254; BGH NJW 2004, 223). Dass § 568 S. 3 ZPO anordne, dass auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung ein Rechtsmittel nicht gestützt werden könne, wird mit einer verfassungskonformen Auslegung zu überwinden versucht (vgl. OLG Frankfurt MDR 2003, 1375). Die Übertragung dieser Grundsätze des BGH auf unterlassene Vorlagen oder Übertragung gem. §§ 348, 348a ZPO wird recht unterschiedlich beurteilt. Sieht man in diesen Fällen einen Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters, soll auch hier eine Rüge im Rechtsmittelverfahren grds. zuzulassen sein (vgl. auch E. Schneider, ZAP, Fach 13 S. 1237).

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 4/2015, S. 211 - 212

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