BGB § 254 Abs. 1

Leitsatz

Der Kunde, der bei winterlichen Temperaturen einen Selbstbedienungswaschplatz aufsucht, weiß, dass vom Betreiber kein darüber hinausgehender Service – insb. zur Beseitigung von Blitzeis durch bei bestimmungsgemäßer Benutzung der Anlage verspritztes Waschwasser – geschuldet wird.

OLG Hamm, Urt. v. 22.5.2015 – 9 U 171/14

Sachverhalt

Die Kl. suchte im Februar bei einer Temperatur von 0,3 Grad die von dem Bekl. betrieben Selbstbedienungswaschanlage auf. Der Betreiber schuldete nach der vertraglichen Vereinbarung die Bereitstellung einer Waschbox, aufgrund des zu zahlenden Entgeltes für die Bereitstellung von Waschwasser von 50 Cent. Mit Ausnahme der die Waschbox zuweisenden Beschäftigten des Bekl. war sonstiges Personal nicht vorhanden. Die Kl. führte den Waschvorgang durch und schritt mit Papier aus dem Kofferraum ihres Pkw zu der auf dem Betriebsgrundstück vorhandenen Mülltonne. Im Bereich des Waschplatzes stürzte sie auf Glatteis, das vereinzelt durch von ihr oder ihren Vorgängern bei der Nutzung der Waschanlage verspritzt worden war. Aufgrund der erlittenen Unfallfolgen hat die Kl. die Verurteilung des Bekl. zum Ersatz ihres materiellen Schadens, von Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht des Bekl. zum Ersatz künftiger Schäden verfolgt. Die Kl. hat dazu ausgeführt, dass den Bekl. wegen der unterbliebenen Beseitigung des unfallursächlichen Spritzwassers eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen sei. Das LG hat eine Eisbildung für nicht nachgewiesen erachtet und die Klage abgewiesen. Die mit der Berufung weiter verfolgten Ansprüche hat das BG verneint.

2 Aus den Gründen:

" … Die zulässige Berufung ist nicht begründet."

1. Die Kl. hat gegen den Bekl. keine Ansprüche auf materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld aus dem streitgegenständlichen Vorfall, da eine Haftung gem. §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB oder gem. § 823 Abs. 1 BGB bereits dem Grunde nach nicht gegeben ist, denn der Bekl. hat unter Berücksichtigung der konkreten Umstände keine Verkehrssicherungspflicht – welche innerhalb des Vertragsverhältnisses zugleich eine Vertragspflicht darstellt (BGH NJW 2013, 3366 [BGH 14.3.2013 – III ZR 296/11] Rn 25; BGH NJW-RR 2013, 534 [BGH v. 24.1.2013 – VII ZR 98/12] Rn 15) – verletzt.

Zwar ist anerkannt, dass jeder, der für Dritte Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze dieser Dritten treffen muss, damit sich die möglichen Gefahren nicht realisieren können. Wer eine erhöhte Gefahrenquelle im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit schafft, muss erst recht dafür sorgen, dass das von ihm angelockte Publikum in seinen Räumlichkeiten bzw. auf seinem Gewerbegrundstück nicht zu Schaden kommt (OLG Köln NJW-RR 1999, 673 [OLG Köln 113.7.1998 – 16 U 15/98] m.w.N.; OLG Köln NJW-RR 2003, 806 [OLG Köln 21.1.2003 – 24 U 87/12]; Palandt/Sprau, 74. Aufl. 2015, § 823 Rn 199).

So trifft auch den Betreiber einer automatisierten Waschanlage grds. eine Verkehrssicherungspflicht in Hinblick auf betriebsbedingte Gefahrenquellen, an deren Erfüllung insb. im Winter erhöhte Anforderungen zu stellen sind (vgl. hierzu OLG Hamm, Urt. v. 26.1.1998 – 6 U 186/97, [ … ]; OLG Köln NJW-RR 1999, 673 [OLG Köln 13.7.1998 – 16 U 15/98]; OLG Köln NZV 2003, 428 [OLG Köln 21.1.2003 – 24 U 87/2]).

Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit darin, dass es sich zum einen um einen Waschplatz in Selbstbedienung handelt und zum anderen nicht Niederschläge wie Regen oder Schnee zu einer Glatteisbildung geführt haben sollen (vgl. hierzu OLG Köln NJW-RR 2003, 806 [OLG Köln 21.1.2003 – 24 U 87/2]), sondern diese vielmehr durch überfrierendes Waschwasser, das von der Kl. oder bei den Vorwäschen unmittelbar vor der Wäsche durch die Kl. verspritzt worden war, entstanden sein soll. Auch bestand nach dem eigenen Vortrag der Kl. keine allgemeine Glättegefahr, die eine allgemeine Streupflicht begründet hätte (vgl. hierzu BGH NJW 2012, 2727 [BGH 12.6.2012 – VI ZR 138/11]), vielmehr hat die Kl. lediglich die Existenz einzelner Glättestellen aufgrund überfrierender Nässe aus der Waschplatznutzung im Bereich unmittelbar vor dem Waschplatz behauptet.

In Rede steht somit allein eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Bekl. bezüglich der Verhütung derjenigen Gefahren, die sich aus der Kombination der Wetterlage mit den Eigenarten seiner Betriebsanlage ergeben, bei deren bestimmungsgemäßer Nutzung Wasser auf den Boden gelangt.

Insoweit kann offen bleiben, ob bzw. wie häufig während der Öffnungszeiten Selbstwaschplätze wie die vom Bekl. betriebenen zu kontrollieren sind, um eine nachhaltige Eisbildung durch witterungsbedingten Niederschlag und/oder durch Waschwasser zu verhindern bzw. einer solchen vorhandenen Gefahrenstelle innerhalb der hier gebotenen zeitlichen Grenzen abzuhelfen; denn die Verkehrssicherungspflicht des Bekl. ging jedenfalls nicht so weit, dass er bei fortlaufender Waschplatznutzung – wie die Kl. sie behauptet – bei bzw. trotz winterlicher Temperaturen quasi während oder jedenfalls nach jeder SB-Wäsche Maßnahmen...

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