Die Zivilprozessordnung eröffnet die Möglichkeit, aus anderen Verfahren Gutachten gemäß § 411a ZPO oder Zeugenaussagen mittels Beiziehung der Akten nach § 432 ZPO zu verwerten, wobei Protokolle über Zeugenaussagen als Urkundenbeweis in den Prozess eingebracht werden.[8] Auf diesem Wege können beispielsweise verkehrsanalytische Gutachten oder Zeugenaussagen über Unfallhergänge verwertet werden und eine neuerliche zeitraubende Beweisaufnahme ggf. überflüssig machen oder aber Unstimmigkeiten oder Widersprüche der früheren mit der aktuellen Aussage desselben Zeugen geklärt werden. Soweit zur Theorie.

In der Praxis besteht jedoch das Problem, dass das Strafprozessrecht, welches über § 46 OWiG auch für die bußgeldrechtliche Hauptverhandlung Anwendung findet, dem Straf- und Bußgeldrichter grundsätzlich nicht zwingend vorschreibt (§ 273 Abs. 3 StPO), Zeugenaussagen im Protokoll ausführlich darzustellen. Es müssen lediglich die wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung ersichtlich gemacht werden (§ 273 Abs. 1 StPO). So findet sich in den Protokollen häufig nur der Satz: "Auf Nachfrage bekundet der Zeuge zur Sache" – eine Information, die der Strafprozessordnung genügen mag, für eine Verwertung im Zivilprozess jedoch völlig unbrauchbar ist. Die Beiziehung von Akten aus Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren ist daher in der Regel völlig unergiebig und führt nicht zur Verkürzung des Verkehrszivilprozesses aufgrund einer zu vermeidenden Beweisaufnahme. Insofern kann hier, lässt man die Forderung an den Gesetzgeber nach einer Änderung des § 273 StPO einmal außen vor, nur die Bitte an die Richter der Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren formuliert werden, bei Verkehrsgeschehen mit Personen- oder Sachschäden – also in solchen Fällen, die höchstwahrscheinlich noch eine zivilrechtliche Schadensersatzklage nach sich ziehen werden – die Zeugenaussagen in ihrem vollen Wortlaut zu protokollieren. Der Arbeitsaufwand dazu dürfte sich in Grenzen halten. Die Arbeitsersparnis der Kollegen im zivilrechtlichen Verfahren kann jedoch enorm sein.

[8] BGH, Urt. v. 12.11.2003, VII ZR 109/01.

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