" … 2. a) Der Kl. steht gegen die Bekl. aus Anlass des streitgegenständlichen Schadenereignisses der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 584.100 EUR aus § 1 S. 1 VVG i.V.m. § 2 Nr. 9 AB-Sach '95 i.V.m. §§ 1, 2, 6, 10 Nr. 2 lit. a) N VB-Kasko '05 zu. Hiernach hat der VR im Falle des Totalverlustes der versicherten Sache durch eine versicherte Gefahr den Versicherungswert – der als feste Taxe gilt – abzüglich vorhandener und durch Verkauf erzielbarer Restwerte ohne Anrechnung einer bedungenen Selbstbeteiligung zu ersetzen."

aa) In dem Schadenereignis hat sich eine versicherte Gefahr, nämlich ein Unfall i.S.v. § 2 Nr. 9 AB-Sach '95 verwirklicht. Denn als Unfall in diesem Sinne gilt ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis. Soweit die Bekl. geltend macht, dass der Zeuge C als Repräsentant der Kl. den Schaden vorsätzlich herbeigeführt habe, stünde dies für sich genommen nicht der Verwirklichung einer versicherten Gefahr entgegen. Denn die Unfreiwilligkeit des Schadenereignisses gehört nicht zum Begriff des Unfalls (vgl. BGH VersR 1981, 450 … ). Der Kasko-VR hat daher die Freiwilligkeit des Schadensereignisses im Rahmen der Berufung auf den subjektiven Risikoausschluss gem. § 81 Abs. 1 VVG darzulegen und zu beweisen.

bb) Eine vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit der Bekl. folgt weder aus § 3 Nr. 4 lit. a) und b) N VB-Kasko '05 bzw. § 138 VVG noch aus § 81 VVG.

(1) Soweit sich die Bekl. erstinstanzlich auf Leistungsfreiheit wegen des “Risikoausschlusses’ gem. § 3 Nr. 4 lit. a) und b) N VB-Kasko '05 bzw. vorgerichtlich auf den Haftungsausschluss gem. § 138 VVG berufen hat, hat sie bereits nicht ausreichend dargelegt bzw. bewiesen, dass sich die Yacht im maßgeblichen Zeitpunkt des Fahrtantritts (vgl. insoweit Koller, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 138 VVG Rn 1 a.E.) in einem nicht fahrtüchtigen Zustand befunden hat bzw. der Zeuge C als Repräsentant der Kl. einen derartigen Zustand kannte oder kennen musste. Die Kl. hat unwiderlegt und von der Bekl. auch nicht bestritten dargetan, dass die Yacht im Winterlager 2008/09 durch ein drittes Unternehmen generalüberholt worden sei und sich im Rahmen einer hierbei durchgeführten Testfahrt in Ansehung des Steuerungssystems keine Auffälligkeiten ergeben hätten. Es ist daher bereits nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände sich dem Zeugen C etwaig bei Fahrtantritt (latent) vorhandene Mängel des Steuerungssystems hätten aufdrängen müssen. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung durch den Senat, welche Rechtsfolgen sich aus einem Verstoß gegen die Bestimmung, bei der es sich um eine sog. verhüllte Obliegenheit handelt (vgl. BGH VersR 2011, 1048 zu § 132 Abs. 1 VVG a.F.), ergeben würden.

(2) Eine Leistungsfreiheit der Bekl. folgt auch nicht aus § 81 Abs. 1 VVG.

Nach dieser Bestimmung wird der VR von seiner Verpflichtung zur Leistung an den VN frei, wenn er den Vollbeweis für das vorsätzliche Herbeiführen eines Versicherungsfalles durch den VN bzw. – dem gleichgestellt – seines Repräsentanten führt … . Hierbei bedarf es in Anwendung des § 286 Abs. 1 ZPO für den erforderlichen Vollbeweis zwar keiner von allen Zweifeln freien Überzeugung des Gerichts; es genügt vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen … . Die Behauptung der Bekl., der Zeuge C habe den Schaden vorsätzlich herbeigeführt, erschöpft sich indessen in einer bloßen Mutmaßung der Bekl., ohne dass für sie greifbare Anhaltspunkte bestünden. Die Bekl. hat daher die tatsächlichen Voraussetzungen des subjektiven Risikoausschlusses weder dargelegt noch bewiesen. Im Gegenteil erscheint eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls angesichts des vom Zeugen C geschilderten Unfallhergangs, namentlich seinem von der Bekl. nicht widerlegten Überbordgehen während der Fahrt, gänzlich fernliegend.

(3) Die Bekl. ist auch nicht berechtigt, gem. § 81 Abs. 2 VVG ihre Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Zeugen C entsprechenden Verhältnis zu kürzen, weil der Zeuge als Repräsentant der Kl. den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Denn – entgegen der Auffassung des LG – hat die Bekl. auch den Nachweis der subjektiven Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 VVG nicht geführt.

Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt hierbei für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr erscheint ein solcher Vorwurf nur dann als gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das...

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