[5] "… 2. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 148 ZPO nicht vorliegen."

[6] a) Nach § 148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Die Aussetzung der Verhandlung setzt die Vorgreiflichkeit der in dem anderen Rechtsstreit oder dem Verwaltungsverfahren zu treffenden Entscheidung in dem Sinne einer (zumindest teilweise) präjudiziellen Bedeutung voraus (vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2005 – X ZB 26/04, BGHZ 162, 373, 375; MüKo-ZPO/Wagner, 3. Aufl., § 148 Rn 6 ff.; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 148 Rn 23; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 148 Rn 5).

[7] b) Im Streitfall ist eine solche Vorgreiflichkeit des Sozialverwaltungsverfahrens für den vorliegenden Rechtsstreit entgegen der Auffassung des BG nicht wegen des vom Bekl. mit dem Ziel einer Beteiligung am Sozialverwaltungsverfahren eingeleiteten Verfahrens gegeben.

[8] aa) Nach § 118 SGB X ist ein Zivilgericht, das über einen nach § 116 Abs. 1 SGB X vom Geschädigten auf einen Sozialversicherungsträger übergegangenen Anspruch zu entscheiden hat, an eine unanfechtbare Entscheidung eines Sozial- oder Verwaltungsgerichts oder eines Sozialversicherungsträgers über den Grund oder die Höhe der dem Leistungsträger obliegenden Verpflichtung grds. gebunden. Damit soll verhindert werden, dass die Zivilgerichte anders über einen Sozialleistungsanspruch entscheiden als die hierfür an sich zuständigen Leistungsträger oder Gerichte. Sozialrechtliche Vorfragen sollen den Zivilprozess nicht belasten und deshalb vor den Zivilgerichten grds. nicht erörtert werden. Der im Wege des Regresses in Anspruch genommene Schädiger soll deshalb grds. nicht Einwendungen gegen die Aktivlegitimation des klagenden Sozialversicherungsträgers erheben können (vgl. Senatsurt. v. 5.5.2009 – VI ZR 208/08, VersR 2009, 995 Rn 13, 17 f.). Die danach gegebene Bindungswirkung erfasst grds. auch die Feststellung der Zuständigkeit der den Bescheid erlassenden Behörde (vgl. Senatsurt. v. 5.5.2009 – VI ZR 208/08, a.a.O., Rn 13 m.w.N.). Eine Bindungswirkung kann ausnahmsweise nicht bestehen, wenn ein von vornherein unzuständiger Leistungsträger in der irrtümlichen Annahme seiner Zuständigkeit Leistungen aufgrund eines zwar rechtswidrigen, ihn selbst aber bindenden Verwaltungsakts erbringt oder mehrere Leistungsträger ihre Zuständigkeit hinsichtlich gleichartiger sozialversicherungsrechtlicher oder sozialrechtlicher Leistungen beanspruchen (vgl. Senatsurt. v. 8.7.2003 – VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 347 ff.; v. 5.5.2009 – VI ZR 208/08, a.a.O., Rn 17 f. m.w.N.).

[9] § 118 SGB X greift grds. unabhängig davon ein, ob der Schädiger am Sozialverwaltungsverfahren beteiligt worden ist (vgl. Senatsurt. v. 15.7.2008 – VI ZR 105/07, VersR 2008, 1358 Rn 20; OLG Hamm, r+s 1999, 418, 419; LPK-SGB X/Breitkreuz, 3. Aufl., § 118 Rn 1). Etwas anderes gilt allerdings in Fällen, in denen dieser nach § 12 Abs. 2 SGB X zu dem Sozialverwaltungsverfahren hinzuzuziehen war; in diesen Fällen setzt die Bestandskraft ihm gegenüber voraus, dass er in der gebotenen Weise beteiligt worden ist (vgl. Senatsurt. v. 4.4.1995 – VI ZR 327/93, BGHZ 129, 195, 200 ff.; v. 20.4.2003 – VI ZR 189/03, BGHZ 158, 394, 397; v. 20.11.2007 – VI ZR 244/06, VersR 2008, 255 Rn 11, 13 m.w.N.).

[10] bb) Im Falle eines Wegeunfalls gem. § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist der Unfallversicherungsträger zuständig; zugleich sind Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gem. § 11 Abs. 5 SGB V (früher § 11 Abs. 4 SGB V) ausgeschlossen. Der Bekl. hat auch nicht vorgetragen, dass andere Leistungsträger ihre Zuständigkeit beanspruchen.

[11] Er macht allerdings geltend, entgegen dem Vortrag der Kl. sei der Bescheid v. 26.1.2010 nicht bestandskräftig geworden, weil er am Sozialverwaltungsverfahren nicht beteiligt worden sei. Mit diesem Vorbringen hat er keinen Erfolg, wenn eine Hinzuziehung des Bekl. als Beteiligter an diesem Verfahren nach § 12 Abs. 2 SGB X zu Recht abgelehnt worden ist, weil der Ausgang des Sozialverwaltungsverfahrens (Anerkennung des Unfalls als Wegeunfall) weder eine rechtsgestaltende Wirkung für den Bekl. hat noch dadurch dessen rechtliche Interessen berührt werden können. Ist nämlich der Schädiger – anders als in einem hier nicht vorliegenden Fall der §§ 104 ff. SGB VII – durch die Entscheidung des Sozialversicherungsträgers nicht in eigenen Rechten berührt, kann er nicht mit einer erfolgreichen Anfechtung in dieses Rechtsverhältnis hineinwirken (vgl. BVerwG, NJW 1993, 1610, 1611). Erwägt ein Gericht eine Aussetzung nach § 14...

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