"Dem Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II (Kfz-Brief) gem. § 985 BGB zu. Als Eigentümer des streitgegenständlichen Kfz ist er auch Eigentümer der Zulassungsbescheinigung Teil II. Nach § 952 Abs. 2 BGB analog bemisst sich das Eigentum am Fahrzeugbrief danach, wer Eigentümer des jeweils zugehörigen Fahrzeugs ist (BGH, NJW 2007, 2844)."

Zwar scheitert ein Eigentumserwerb des Pkw nach § 929 S. 1 BGB daran, dass der Veräußerer Nichtberechtigter war, da er das Fahrzeug lediglich von der Bekl. geleast hatte.

Der Kl. hat aber das Eigentum an dem Fahrzeug gem. §§ 929 S. 1, 932 BGB gutgläubig erworben.

Gem. § 932 Abs. 1 S. 1 BGB wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn das Fahrzeug dem Veräußerer nicht gehört, es sei denn, dass er im Zeitpunkt der Übergabe nicht in gutem Glauben gewesen ist. Nach § 932 Abs. 2 BGB schließen nur positive Kenntnis und grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der fehlenden Eigentümerstellung des Veräußerers die Redlichkeit des Erwerbers aus. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Bekl. hat nicht nachzuweisen vermocht, dass dem Kl. bei dem Erwerb grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf die Eigentümerstellung des Veräußerers zur Last zu legen ist. Unter grober Fahrlässigkeit ist ein Handeln zu verstehen, bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müsse (st. Rspr. BGH, NJW 2005, 1365). Beim Erwerb eines gebrauchten Kfz besteht keine allgemeine Nachforschungspflicht. Die Übergabe und Prüfung des Kfz-Briefes bzw. der Zulassungsbescheinigung Teil II sind aber die Mindestanforderungen für einen gutgläubigen Erwerb von Kfz (BGH NJW 2006, 3438; NJW 1996, 2226; NJW 1976, 735). Vorliegend hat sich der Kl. unstreitig den – gefälschten – Kfz-Brief vorlegen lassen, in dem der Veräußerer als Halter eingetragen war. Bei dem hier vorliegenden Direktgeschäft zwischen Privatleuten ist ein Privatkäufer, der die dargestellten Mindestanforderungen an den guten Glauben erfüllt hat, in der Regel als redlich anzusehen (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn 2264).

Grobe Fahrlässigkeit ist beim Erwerb vom Nichtberechtigten nur dann anzunehmen, wenn der Erwerber trotz Vorliegens von Verdachtsgründen, die Zweifel an der Berechtigung des Veräußerers wecken müssen, sachdienliche Nachforschungen nicht unternimmt. Wann eine solche Nachforschungspflicht, die nicht allgemein als Voraussetzung für einen gutgläubigen Eigentumserwerb bejaht werden kann, besteht, ist eine Frage des Einzelfalles. Für den Gebrauchtwagenhandel hat der BGH wegen der dort nicht selten vorkommenden Unregelmäßigkeiten in st. Rspr. bei der Bewertung der Umstände, die für den Käufer eines gebrauchten Kfz eine Nachforschungspflicht hinsichtlich der Verfügungsberechtigung des Veräußerers begründen, einen strengen Maßstab angelegt (BGH NJW-RR 1987, 1456, 1457).

a) So besteht nach der Rspr. eine weitere Nachforschungspflicht des Erwerbers bei erkennbarer Fälschung des Fahrzeugbriefes (BGH DAR 1966, 299; KG MDR 2003, 1350; OLG Schleswig NJW 2007, 3007). In den von der Rspr. entschiedenen Fällen waren die Erwerber jedoch meist Gebrauchtwagenhändler. Deren Händlereigenschaft begründet eine gesteigerte Sorgfaltspflicht, die eine gewissenhafte Prüfung des vorgelegten Kfz-Briefes erfordert. Einem Privatkäufer, also einer im Kfz-Handel unerfahrenen Person, die nur bei Erwerb eines Fahrzeugs kurzfristig den Kfz-Brief in Händen hält, können nicht dieselben Anforderungen auferlegt werden, um dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu entgehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Fälschung augenscheinlich und auf den ersten Blick erkennbar ist (KG a.a.O.; OLG Schleswig a.a.O.).

Dem Kl. kann kein grober Verstoß gegen seine Sorgfaltspflichten angelastet werden, weil er die Fälschung nicht erkannt hat.

Nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts fehlt der Vorname des Halters in dem Kfz-Brief. Ferner zeigt das Dokument Schreibfehler auf und der Dienststempel weist keine umlaufende Schrift aus. Weiterhin fehlt die Unterschrift des Verantwortlichen der Audi AG. Das Datum der EB-Typengenehmigung liegt vor dem Zeitpunkt der Erstzulassung. Aus dem Bericht der Pl Aschaffenbug (vgl. Bl. 6 der beigezogenen Ermittlungsakten 174 Js 83/09 STA Duisburg) ergibt sich ferner, dass das Siegel aus einem anderen Dokument ausgeschnitten ist und aufgeklebt wurde und dass die Unterschrift gefälscht wurde. Diese Umstände deuteten für den Kl., der nicht den direkten Vergleich zwischen dem Original und dem Falsifikat hatte, nicht ersichtlich auf eine Fälschung hin. Vielmehr durfte er davon ausgehen, dass es sich um den Original-Kfz-Brief handelte. Das vorgelegte gefälschte Formular ist entwendet worden und entspricht damit seinem äußeren Erscheinungsbild nach einem Original. So hat der Zeuge N bei seiner Vernehmung vor dem LG ausgesagt, dass er sich den Brief angesehe...

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