" … Der geltend gemachte Anspruch auf Erhöhung der versicherten Krankentagegelder besteht nicht."

1. Eine Erhöhung des Krankentagegeldes kommt nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 der dem Vertrag zugrundeliegenden MB/KT 2009 nur in Betracht, wenn sich das “Nettoeinkommen‘ des Versicherten “aus seiner beruflichen Tätigkeit‘ erhöht hat. Eine Erhöhung seines Nettoeinkommens aus beruflicher Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung hat der Kl. mit den von ihm vorgelegten Zahlen indes nicht dargelegt. Jedenfalls nämlich genügt im Streitfall eine bloße Steigerung der Betriebskosten und/oder Abschreibungen nicht, sondern – außer einer Erhöhung des persönlichen/privaten Nettoeinkommens – allenfalls eine Erhöhung der zur Sicherung des persönlichen Bedarfs des Versicherten notwendigen Mittel. Dies aber ist nicht dargetan.

Im Einzelnen:

a) Es spricht viel dafür, die in diesem Streitfall vereinbarte Regelung in § 4 MB/KT dahin auszulegen, dass das Nettoeinkommen des selbstständigen Versicherten dem Betrag entspricht, den der Versicherte für seinen privaten Bedarf zur Verfügung hat, also seinem persönlichen/privaten Einkommen, d.h. dem Betriebsergebnis nach Steuern, Betriebskosten und – jedenfalls grds. – auch nach Abschreibungen.

Die Vertrags- und Tarifbedingungen der Bekl. definieren … den Begriff des Nettoeinkommens nicht ausdrücklich, stellen aber in § 4 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 MB/KT für dessen Berechnung auf den “Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate‘ ab. Für die Auslegung der Begriffe “Nettoeinkommen‘ und “Durchschnittsverdienst‘ ist maßgeblich, wie ein durchschnittlicher VN diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Es kommt auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. …

Maßgebend ist damit zunächst der Wortlaut der Klausel.

Dazu gilt, dass es keinen allgemein verbindlichen oder auch nur allgemein anerkannten/gebräuchlichen Einkommensbegriff gibt. Der Einkommensbegriff ist für jedes Rechtsgebiet, in dem er verwandt wird, und für jede vertragliche Regelung, die auf das Einkommen Bezug nimmt, nach Sinn und Zweck der Regelung gesondert zu ermitteln. …

Der Begriff “Nettoeinkommen‘ verweist nun jedenfalls auf die Bereinigung des Einkommens um bestimmte Abzugsposten und steht nach allgemeinem Wortverständnis mit dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff in Verbindung, der die privaten Einkünfte eines Steuerpflichtigen in den Blick nimmt (vgl. etwa Beckmann/Matusche-Beckmann/Tschersich, VersR-Hdb., 2. Aufl. 2015, § 45 Rn 64 … ).

Für die um die Steuern bereinigten Betriebserlöse wird der Begriff “Nettoeinkommen‘ demgegenüber nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht verwandt. Mit Blick auf die etwa der Umsatz- und Gewerbesteuer unterliegenden Einkünfte spricht man vom “Ergebnis vor/nach Steuern‘ oder vom “betrieblichen Ertrag‘ etc., jedenfalls aber nicht von einem “Nettoeinkommen‘

Dementsprechend versteht man allgemein unter “Nettoeinkommen‘ das Einkommen, das einem privaten Haushalt nach Abzug aller Steuern und sonstigen Abgaben für den privaten Verbrauch und zur Vermögensbildung zur Verfügung steht. …

Vorstehendes gilt erst recht für den in § 4 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 MB/KT genannten Begriff des “Durchschnittsverdienstes‘, der für die Berechnung des Nettoeinkommens maßgebend sein soll. Der Begriff “Verdienst‘ steht nach allgemeinem Sprachverständnis für den Wert bzw. die Entlohnung einer persönlichen Leistung und somit für einen Betrag, der dem Leistenden persönlich zugute kommt. … Im allgemeinen Sprachgebrauch bezieht sich der Ausdruck “Verdienst‘ oder “Durchschnittsverdienst‘ nicht auf betrieblich erzielte Erlöse, sondern umschreibt stets die Mittel, die dem einzelnen für den persönlichen Bedarf zufließen.

Einem solchen – auf die Einkünfte zum persönlichen Bedarf begrenzten – Verständnis des Begriffs “Nettoeinkommen‘ stehen der für den durchschnittlichen VN ersichtliche Sinn und Zweck der Krankentagegeldversicherung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn – wie hier – Krankentagegelder i.H.v. insgesamt 150 DM bis 215 EUR (Erhöhung im Jahre 2006) in Rede stehen.

Der VR bietet mit einer Krankentagegeldversicherung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 MB/KT Schutz gegen Verdienstausfall bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit als Folge von Krankheiten oder Unfällen. Als Personenversicherung zielt die hier vereinbarte Versicherung damit für den durchschnittlichen VN erkennbar nicht darauf ab, betriebliche Risiken abzudecken, sondern verspricht dem VN persönlich im Falle einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit die Zahlung eines bestimmten, vereinbarten Betrages. Dies bedeutet nicht, dass der VR dem VN die Fortführung des Betriebs als Lebensgrundlage erhalten will. …

Freilich ist zu beachten, dass der krankheitsbedingte Ausfall des Betriebsinhabers zu verminderten Einnahmen führen kann und so Betriebskosten möglicherweise nicht mehr gedeckt sind (worauf etwa hinweisen: Prölss/Martin/Voit, VVG, 29. Aufl....

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