Die Zahl der Schwerverletzten nach einem Unfall bleibt nach neuester Mitteilung des Statistischen Bundesamtes auch für 2014 auf einem konstanten Niveau. Damit gilt es für den mit der Unfallregulierung befassten Anwalt immer, auch die Möglichkeit des Reha-Managements im Blick zu haben. Seit rund 20 Jahren haben die eintrittspflichtigen KH-Versicherer – andere Konstellationen des Reha-Managements sollen bei dieser Betrachtung außen vor bleiben –, die zuvor nur den Geschädigten von den Sozialversicherungsträgern "übernommen" haben, die Chancen dieses Instruments erkannt. Der Geschädigte kann mit Hilfe des Reha-Managements individuell und schnell unterstützt werden, ohne dass er auf den Leistungskatalog der Sozialversicherungsträger beschränkt wäre oder zunächst wegen Zuständigkeitsstreitigkeiten derselben die Klärung dieser Frage oder die Bescheidung von Anträgen abwarten müsste.

Die Kosten des Reha-Managements übernimmt der Versicherer selbstverständlich nicht aus Mildtätigkeit. Für ihn besteht die Chance – die Erfolgsquoten liegen nach Auskunft der Reha-Dienste bei rund 50 % –, den Geschädigten wieder in die Selbstständigkeit zu führen oder ihm eine – gegebenenfalls behindertengerechte – Beschäftigung zu ermöglichen, wodurch sich dessen Ersatzleistungen mindern. Das Reha-Management kann also mit Fug und Recht als ein Paradefall einer für beide Seiten gewinnbringenden Fallgestaltung bezeichnet werden.

Dennoch tritt die Anwaltschaft dem Reha-Management teilweise mit Skepsis gegenüber, sei es, weil man den Reha-Dienst als verlängerten Arm des Versicherers sieht, mit dessen Hilfe der Versicherer an Informationen zur Leistungskürzung gelangt. Oder man fürchtet keine ausreichende Honorierung für die Mehrarbeit. Beiden Sorgen kann mit einfachen Mitteln begegnet werden: Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht hat auf ihrer Internetseite alle von ihr anerkannten Reha-Dienste aufgeführt, die sich dem Verhaltenskodex ("code of conduct") der Arbeitsgemeinschaft zum Ablauf eines Reha-Managements im Sinne des Geschädigten verpflichtet haben. Diese Dienste werden regelmäßig auf die Einhaltung der Verpflichtung kontrolliert und bei etwaigen Gründen zur Beanstandung kann die Anerkennung auch entzogen werden. Es ist deshalb empfehlenswert, nur einen anerkannten Dienst aus dieser Liste zu beauftragen.

Eine weitergehende Sicherheit liefert der Abschluss einer Rehabilitationsvereinbarung mit dem Versicherer, denn ein Vertrag kommt im Deckungsverhältnis nur mit dem Reha-Dienst und dem Versicherer als Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. § 328 Abs. 1 BGB zustande. Mit einer solchen Vereinbarung kann auch der Versicherer verpflichtet werden, die Regeln des "code of conduct" zugunsten des Geschädigten einzuhalten. Denn zwar fordert, worauf Scholz und Gräfenstein in Versicherungswirtschaft 14/2013 zu Recht hinweisen, Reha-Management Vertrauen und Kooperationswillen. Aber mit einer umfassenden Vereinbarung wissen alle Beteiligten, welche Rechte und Pflichten sie treffen.

Gute Muster zur Erstellung einer solchen Vereinbarung finden sich beispielsweise in der noch immer aktuellen Dissertation von Hugemann (Personenschaden-Management) oder in Buschbell, Straßenverkehrsrecht.

Mit einer Vereinbarung kann auch der zweiten Sorge begegnet werden: Bei der Arbeit des Anwalts im Zuge des Reha-Managements handelt es sich um eine gesonderte Angelegenheit i.S.v. §§ 15, 17 RVG. Die Höhe der gesonderten Vergütung kann beispielsweise an den Kosten des Reha-Managements orientiert werden, die dem Versicherer in Rechnung gestellt werden. Aus verständlichen Gründen wollen Reha-Dienste ihre Zahlen aber nicht veröffentlichen, so dass sich auch die Vereinbarung eines pauschalen Gegenstandswertes anbietet, der sich an der Schwere der Verletzung orientiert und eine dem Aufwand angemessene Höhe der Geschäftsgebühr.

Wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt werden, steht einem erfolgreichen Reha-Management und damit einer schnellen Wiederherstellung des Verletzten nichts im Wege. Die Anwaltschaft und die Versicherer sollten im Sinne des Geschädigten die Möglichkeiten nutzen, die das Reha-Management bietet.

Autor: Jens Dötsch

RA Jens Dötsch, FA für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht, Andernach

zfs 2/2015, S. 61

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