[9] "… III. Der Senat beantwortet die vorgelegte Rechtsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich."

[10] 1. Ein Fahrlehrer, der in der konkreten Situation nicht in die Ausbildungsfahrt eingreift, führt nach allgemeinen Kriterien – etwa i.S.d. §§ 315c, 316 StGB – das Kfz nicht.

[11] a) Führer eines Kfz ist, wer es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt (BGH, Beschl. v. 27.10.1988 – 4 StR 239/88, BGHSt 35, 390; v. 18.1.1990 – 4 StR 292/89, BGHSt 36, 341). Der Täter muss sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen Einrichtungen des Fahrzeugs bedienen, die für seine Fortbewegung bestimmt sind (BGH, Urt. v. 27.7.1962 – 4 StR 215/62, BGHSt 18, 6; Beschl. v. 27.10.1988 – 4 StR 239/88, BGHSt 35, 390). Daher schließt es die Fahrzeugführereigenschaft zwar nicht aus, wenn mehrere Personen sich die Bedienung der notwendigen Funktionen teilen (in einem solchen Fall können beide als Fahrzeugführer anzusehen sein). Wer dagegen nicht einmal einen Teil der wesentlichen Einrichtungen des Fahrzeugs bedient, führt dieses im maßgeblichen Zeitpunkt nicht.

[12] Daher erfüllt der Fahrlehrer die genannten Voraussetzungen nicht, solange er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift. Dass er sich dabei ein solches Eingreifen im Notfall vorbehält, qualifiziert ihn im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Tathandlung nicht als Fahrzeugführer (BGH, Urt. v. 9.7.1959 – 2 StR 240/59, BGHSt 13, 226; OLG Dresden, NJW 2006, 1013; OLG Düsseldorf, DAR 2014, 40; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 316 StGB Rn 5; König in LKStGB, 12. Aufl., § 315c Rn 41 f.; ders., DAR 2003, 448 und DAR 2014, 363; Schönke/Schröder/SternbergLieben/Hecker, StGB, 29. Aufl., § 316 Rn 20; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 315c Rn 3; MüKoStGB/Pegel, 2. Aufl., § 315c Rn 27; Burmann/Heß/Jahnke/Janker/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 316 StGB Rn 2, Mitsch, NZV 2011, 281; Grupp/Kinzig, NStZ 2007, 132; Renzikowski in Matt/Renzikowski, StGB, § 316 Rn 41, Zieschang in NKStGB, 4. Aufl., § 315c Rn 10; Weigel, DAR 2014, 41 f.; Scheidler, DAR 2009, 403; Heinrich, DAR 2009, 402; Joerden, BA 40 [2003], 104; a.A. OLG Bamberg NJW 2009, 2393; AG Cottbus, DAR 2003, 476; SSWStGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315c Rn 4; SKStGB/Wolters, § 316 Rn 13 [Stand: März 2012]; Tolksdorf, Festschrift für Nehm, 2006, 437; Blum/Weber, NZV 2007, 228; vgl. OLG Karlsruhe, VRS 64, 153; OLG Hamm, VRS 37, 281; Geppert in LKStGB, 12. Aufl., § 69 Rn 29; vgl. auch BGH [Zivilsenat], Urt. v. 22.3.1977 – VI ZR 80/75, VRS 52, 408).

[13] Aus der gegenüber einem Normalfahrzeug abweichenden technischen Ausstattung des Fahrschulwagens (zusätzliche Gas und Bremspedale, vgl. § 5 Abs. 2 DVFahrlG) ergibt sich nichts anderes; diese erleichtert lediglich die Möglichkeiten des Fahrlehrers zum Eingreifen.

[14] b) Auch der beherrschende Einfluss des Fahrlehrers auf die Fahrt – etwa durch sein Weisungsrecht gegenüber dem Fahrschüler – lässt ihn nicht zum Fahrzeugführer werden. Der eigenhändige Charakter der Delikte und Ordnungswidrigkeiten, die das Führen eines Fahrzeugs voraussetzen, steht der Annahme einer mittelbaren Täterschaft entgegen (MüKoStGB/Pegel, 2. Aufl., § 315c Rn 27; König, DAR 2003, 448).

[15] c) Soweit zum Teil die Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers aus seiner Verantwortung für die Fahrt und deren Folgen sowie aus der Pflicht, den Fahrschüler jederzeit im Auge zu behalten, hergeleitet wird (vgl. OLG Bamberg, NJW 2009, 2393; AG Cottbus, DAR 2003, 476, 477), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wenn der Gesetzgeber neben dem Fahrzeugführer auch die sonst für die Sicherheit Verantwortlichen in den Anwendungsbereich einer Strafnorm einbeziehen will, ordnet er dies im Wortlaut des Gesetzes ausdrücklich an (vgl. § 315a Abs. 1 Nr. 2 StGB). Das ist in den §§ 315c, 316 StGB und in § 23 StVO unterblieben. Die zivil- und ggf. auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Fahrlehrers (etwa unter den Gesichtspunkten der §§ 222, 229 StGB) ändert nichts daran, dass dieser die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals des Führens eines Fahrzeugs nicht erfüllt (König, DAR 2003, 448). Der Ersetzung dieser Voraussetzungen durch normative Erwägungen im Hinblick auf die Gefährlichkeit von bestimmten Verhaltensweisen des Fahrlehrers steht das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegen.

[16] d) Schließlich spricht die Existenz der Regelung des § 2 Abs. 15 S. 2 StVG gegen eine Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers. Wäre der Fahrlehrer nach der gesetzgeberischen Konzeption als Fahrzeugführer anzusehen, so hätte keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Fiktion (“gilt … als Führer‘) bestanden (Heinrich, DAR 2009, 402).

[17] 2. Der Fahrlehrer ist auch nicht als Beteiligter i.S.d. § 14 Abs. 1 OWiG verantwortlich. Abgesehen von ...

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