" … B. Die Kl. hat keinen Anspruch auf Zahlung der in der Kostenausgleichsvereinbarung benannten Beträge."

1. Der Abschluss der Kostenausgleichsvereinbarung verstößt jedenfalls in der hier gewählten Ausgestaltung durch Umgehung gegen ein gesetzliches Verbot und ist daher nichtig (§ 134 BGB). Ob die Anwendung des “Nettopolicenmodells‘ in Fällen, in denen die “Kostenausgleichsvereinbarung‘ nicht mit einem Versicherungsmakler oder -vermittler, sondern unmittelbar mit dem VR geschlossen wird, gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wird in Rspr. und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Jedenfalls für diejenigen Fälle, in denen – wie hier – durch eine Verrechnung der Beiträge auf beide Verträge eine Verknüpfung hergestellt wird, schließt sich der Senat derjenigen Auffassung an, die von der Umgehung eines gesetzlichen Verbots ausgeht.

a) Entscheidungen des BGH oder anderer OLG zu dieser Frage liegen – soweit veröffentlicht – bisher nicht vor; von den Amts- und LG wird die Frage unterschiedlich beurteilt.

aa) Die Entscheidung des BGH vom 20.1.2005 (III ZR 251/04, BGHZ 162, 67) ist nicht einschlägig, da sie sich mit Maklerlohn und nicht mit einer “Kostenausgleichsvereinbarung‘ unmittelbar mit dem VR befasst; auch das Urt. v. 18.10.2012 (NJW 2012, 3718) betrifft einen Versicherungsmakler. In der Frage der Umgehung einer gesetzlichen Vorschrift aber können die für einen Makler geltenden Erwägungen auf eine Kostenausgleichsvereinbarung mit dem VR nicht übertragen werden. Für den Makler stellt es eine typische und auch vom Gesetzgeber grds. gebilligte Handhabung dar, dass dieser seine Provision auch dann verdient und behalten darf, wenn der Hauptvertrag aus von ihm nicht zu vertretenen Gründen aufgehoben wird. Zu einer “Kostenausgleichsvereinbarung‘ unmittelbar zwischen dem VR und dem VN aber hat der BGH bisher nicht entschieden. …

bb) Veröffentlichte obergerichtliche Entscheidungen sind nicht bekannt. …

cc) In der Rspr. der Amts- und Landgerichte ist die Frage der Nichtigkeit umstritten. …

b) Eine Gesetzesumgehung liegt vor, wenn die Gestaltung eines Rechtsgeschäfts objektiv den Zweck hat, den Eintritt einer Rechtsfolge zu verhindern, die das Gesetz für derartige Geschäfte vorsieht; eine Umgehungsabsicht ist nicht erforderlich (BGHZ 110, 230, 233, juris-Rn 16 m.w.N.). Ob ein Umgehungsgeschäft nichtig ist, beurteilt sich nach dem Inhalt und dem Zweck der möglicherweise umgangenen Norm. Soll diese nur einen bestimmten Weg zur Erreichung eines an sich zulässigen Erfolgs verbieten, ist das den gleichen Erfolg auf andere Weise herbeiführende Geschäft wirksam; umgekehrt liegt eine Umgehung vor, wenn das Geschäft den verbotenen Erfolg durch Verwendung von Gestaltungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, die scheinbar nicht von der Verbotsnorm erfasst werden. Ob eine Umgehung zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, ist – wie bei unmittelbaren Verstößen gegen die Verbotsnorm – nach Sinn und Zweck der einzelnen Verbotsvorschrift zu entscheiden. Sofern eine ausdrückliche Bestimmung im Gesetz fehlt, kommt es darauf an, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (BGHZ 85, 39, juris-Rn 25 m.w.N.).

c) Unter Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabs liegt hier eine Umgehung vor.

aa) § 169 Abs. 5 S. 2 VVG verbietet dem VR, einen Stornoabzug für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten vorzunehmen. Damit soll vermieden werden, dass die Kündigung des Versicherungsvertrags durch eine Art Vertragsstrafe erschwert wird (vgl. Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 128, Rn 61). Der VN soll nicht faktisch dadurch von einer Kündigung des Versicherungsvertrags abgehalten werden, dass er in diesem Fall einen Stornoabzug für Abschluss- und Vermittlungskosten hinnehmen muss, ohne dafür eine Gegenleistung in Form der Fortführung des Versicherungsvertrags zu erhalten. Dieser Effekt würde bei der hier gewählten Gestaltung, wenn sie für wirksam erachtet würde, ebenfalls eintreten. Zwar wird dem VN durch den “Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung‘ bei näherer Überlegung bewusst, dass ihm ein erheblicher Teil seiner Beiträge wirtschaftlich nicht zugute kommt, sondern der Gegenwert von knapp drei Beitragsjahren auf “Abschlusskosten‘ und “Einrichtungskosten‘ bezahlt wird. Die hier gewählte Gestaltung, bei der schon formularmäßig keine Einmalzahlung der Abschluss- und Einrichtungskosten bei Vertragsschluss vorgesehen ist, sondern von den gleichmäßig zu zahlenden Beiträgen von 200 EUR monatlich 112 EUR auf die “Abschlusskosten‘ und “Einrichtungskosten‘ verrechnet werden, hat aber zur Folge, dass die Beitragszahlung für den VN wirtschaftlich genauso abläuft wie bei der einer – im deutschen Versicherungsmarkt sonst üblichen – Bruttopolice. Bei einer solchen Bruttopolice würde das Verbot des § 169 Abs. 3 VVG nicht dadurch außer Kraft gesetzt, dass der VR bei Vertragsabschluss mitteilt, welchen Teil der Beiträge er kalkulatorisch für die “Abschlus...

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