[4] I Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin kein Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1 StVG a.F., § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 86 Abs. 1 VVG zu. Der Schaden sei nicht beim Betrieb des Anhängers eingetreten. Die Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG a.F. werde nicht schon durch jede Verursachung eines Schadens begründet, die im weitesten Sinne im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges stehe. Vielmehr trete eine Haftung erst dann ein, wenn ein Schadensereignis dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs nach dem Schutzzweck der Gefährdungshaftung auch zugerechnet werden könne.

[5] Bei der gebotenen wertenden Betrachtung sei der entstandene Gebäudeschaden dem Betrieb des Anhängers nicht zuzurechnen. Zwar bestehe bei einem Anhänger konstruktionsbedingt die Gefahr einer unkontrollierten Bewegung. Diese Gefahr werde grundsätzlich vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG a.F. erfasst, wenn sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Unfallverursachung im Verkehrsraum befunden habe. Im vorliegenden Fall bestehe aber die Besonderheit, dass der Anhänger durch einen anderen Verkehrsteilnehmer in Bewegung gesetzt worden sei. Der vor dem Haus mit der Nummer 12 abgestellte Anhänger sei nach dem Anstoß selbstständig bis zum Haus mit der Nummer 10 weiter gerollt. Der Fahrer des Pkw, der die Kontrolle über das von ihm geführte Fahrzeug verloren habe, habe das streitgegenständliche Unfallgeschehen maßgeblich bestimmt. Er habe – wenn auch ungewollt – im Rahmen des Unfallgeschehens die alleinige tatsächliche Verfügungsgewalt über den Anhänger innegehabt. Der Betriebsgefahr des ordnungsgemäß abgestellten Anhängers sei in diesem Zusammenhang lediglich eine ganz untergeordnete Bedeutung beizumessen, so dass eine Einstandspflicht nach § 7 Abs. 1 StVG a.F. ausnahmsweise nicht gerechtfertigt erscheine.

[6] II. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG a.F. zu bejahen. Die Beschädigung des bei der Klägerin versicherten Gebäudes ist beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten Anhängers eingetreten.

[7] 1. Voraussetzung der Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG in der bis 16.7.2020 geltenden Fassung (vgl. nunmehr § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG) ist, dass bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, eines der in der Vorschrift genannten Rechtsgüter verletzt bzw. geschädigt worden ist.

[8] a) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen hat, ist das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" in Bezug auf Kraftfahrzeuge entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. Senatsurt. v. 11.2.2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn 10 m.w.N.).

[9] Erforderlich ist dabei stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll; die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit grundsätzlich maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. Senatsurt. v. 3.7.1962 – VI ZR 184/61, BGHZ 37, 311, juris Rn 12 ff.; v. 11.2.2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn 10; v. 20.10.2020 – VI ZR 319/18, VersR 2021, 597 Rn 7, jeweils m.w.N.). Der Betrieb dauert dabei fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht (vgl. Senatsurt. v. 11.2.2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn 10 m.w.N.).

[10] b) Diese Grundsätze sind entsprechend auf den Betrieb von Anhängern anzuwenden, die dazu bestimmt sind, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden (vgl. Senatsurt. v. 11.2.2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn 11 m.w.N.).

[11] 2. Nach diesen Grundsätzen ist der im Streitfall eingetretene Gebäudeschaden beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten und zum Mitführen durch ein Kraftfahrzeug bestimmten Anhängers eingetreten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben sich in dem Schadensgeschehen die von dem Anhänger ausgehenden Gefahren ausgewirkt. Auch wenn der Fahrer des Pkw, der die Kontrolle über das von ...

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