Die Entscheidung hat über den Arbeitsrechtsstreit hinaus Bedeutung für die anwaltliche Praxis bei Abschluss eines Vergleichs mit einer Ausgleichsklausel.

Materiell-rechtliche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren

Grundsatz

Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch sind im Kostenfestsetzungsverfahren grds. nicht zu berücksichtigen (BAG zfs 2015, 584 m. Anm. Hansens = RVGreport 2015, 388 (Hansens) = AGS 2015, 588). Auch das Vorbringen im Kostenfestsetzungsverfahren, ein rechtskräftiger Kostenerstattungsanspruch aus einem Vorprozess sei durch die vereinbarte Ausgleichsklausel untergegangen, stellt einen solchen materiell-rechtlichen Einwand dar. Derartige Einwendungen sind vielmehr vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen (BAG, a.a.O.; BGH RVGreport 2010, 152 (Hansens) = JurBüro 2010, 252: Prozesskostenvorschuss; BGH RVGreport 2006, 233 (Ders.) = AGS 2007, 219: Verjährung; BGH RVGreport 2007, 110 (Ders.) = NJW-RR 2007, 422: Nichtigkeit des zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossenen Anwaltsvertrags; BGH RVGreport 2014, 318 (Ders.) = AGS 2014, 296: Aufrechnung). Dies wird damit begründet, das Kostenfestsetzungsverfahren sei auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und aus diesem Grund auf den Rechtspfleger übertragen worden. Deshalb sei die Klärung von zwischen den Parteien streitigen Tatsachen und von komplizierteren Rechtsfragen in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich.

Ausnahme

Aus verfahrensökonomischen Gründen kann es allerdings angezeigt sein, den Erstattungspflichtigen nicht auf die – einen ungleich höheren Aufwand erfordernde – Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwendungen geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weiteres klären lassen (BAG u. BGH je a.a.O.). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. Solche Einwendungen können deshalb ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden.

Das LAG Köln hat hier den Einwand des Kl. geprüft und ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die in dem Vergleich vereinbarte Ausgleichsklausel den Kostenerstattungsanspruch der Bekl. aus dem zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bereits rechtskräftigen Kostenbeschluss des BAG nicht berührt.

Vorgehensweise bei einer Ausgleichsklausel

Einschränkung des Anwendungsbereichs der Klausel

In der Praxis nehmen die Parteien häufig Ausgleichs- oder Abgeltungsklauseln in den Text des gerichtlichen Vergleichs auf. In der Klausel wird dann vereinbart, dass nach Vorliegen bestimmter Voraussetzungen sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien oder auch nur einer Partei aus dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt abgegolten sind. Bei der Formulierung einer solchen Ausgleichs- oder Abgeltungsklausel sollte jedoch auch ein etwaiger Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei berücksichtigt werden. Um erst gar nicht Gefahr zu laufen, dass die Gerichte die Klausel im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch auslegen müssen, empfiehlt es sich, diesen Kostenerstattungsanspruch ausdrücklich aus der Abgeltungsklausel auszunehmen. Im Fall des LAG Köln hätte der Klausel in Ziff. 5 des Vergleichs vom 2.8.2018 etwa folgender Satz angefügt werden können:

Zitat

"Mit der Erfüllung des Vergleichs nicht abgegolten ist der sich aus der Kostenentscheidung des BAG vom 25.10.2017 – Az. … – ergebende Anspruch der Bekl. auf Erstattung der anteiligen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens."

Mit einer solchen Regelung wird von vornherein jeglicher Streit über den Anwendungsbereich der Ausgleichs- oder Abgeltungsklausel hinsichtlich der Kosten vermieden. Immerhin hätte das LAG Köln hier vielleicht auch zu einem anderen Ergebnis kommen können.

Hinweise für den Prozessbevollmächtigten der erstattungsberechtigten Partei

Vor Vereinbarung einer Ausgleichs- oder Abgeltungsklausel hat der Rechtsanwalt sorgfältig zu prüfen, ob seinem Mandanten hierdurch nicht bestehende Ansprüche ohne Not abgeschnitten werden.

Dies betrifft auch einen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten gegen den Gegner. Dieses Problem stellt sich insb. in folgenden Fallgestaltungen:

Der Bekl. verpflichtet sich in dem gerichtlichen Vergleich, an den Kl. zum Ausgleich der Klageforderung einen bestimmten Betrag zu zahlen. Außerdem übernimmt der Bekl. die Kosten des Rechtsstreits und dieses Vergleichs in voller Höhe oder zu einem Bruchteil. Wird in der Abgeltungsklausel vereinbart, dass mit der vereinbarten Zahlung sämtliche Ansprüche der Parteien aus dem Rech...

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