Der Rechtsstreit betrifft den Umtausch einer EU-Fahrerlaubnis in ein deutsches Führerscheindokument.

Der 1970 geborene Kl. ist lettischer Staatsangehöriger und seit 1997 im Besitz einer lettischen Fahrerlaubnis für die Klassen A und B. Wegen einer Trunkenheitsfahrt bei einem Besuchsaufenthalt in Deutschland verurteilte ihn das AG Münster durch Strafbefehl vom 6.9.2002 zu einer Geldstrafe, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von zehn Monaten an. Im Jahr 2012 zog der Kl. nach Deutschland und beantragte nachfolgend die Erteilung eines deutschen Führerscheins. Er legte hierzu einen am 6.1.2012 ausgestellten und bis zum 6.1.2022 gültigen lettischen Führerschein vor, der eine 1997 erworbene Fahrerlaubnis für die Klassen A und B sowie eine am 6.1.2012 erteilte Fahrerlaubnis für die Klasse C ausweist. Im Hinblick auf die in Deutschland unter Alkoholeinfluss begangene Verkehrsstraftat gab die Fahrerlaubnisbehörde des beklagten Kreises dem Kl. die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens auf. Der Kl. widersprach der Erforderlichkeit einer derartigen Prüfung und gab an, dass ihm die 2002 entzogene Fahrerlaubnis in Lettland erst nach einer Eignungsprüfung, die psychologische und medizinische Aspekte umfasst habe, wiedererteilt worden sei; dies müsse auch in Deutschland anerkannt werden. Im Übrigen habe er nachträglich die Fahrerlaubnis der Klasse C erworben.

Mit Bescheid vom 21.3.2014 lehnte der Bekl. den Umtausch der EU-Fahrerlaubnis ab, stellte fest, dass der Kl. keine Berechtigung habe, mit seinem lettischen Führerschein in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kfz zu führen, und gab dem Kl. auf, seinen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen.

Die hiergegen erhobene Klage hat das VG Münster (Urt. v. 15.6.2015 – VG 10 K 775/14) abgewiesen, sie hat im Berufungsverfahren aber Erfolg gehabt: Das BG (OVG NRW, Urt. v. 25.10.2016 – OVG 16 A 1638/15) hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben und den Bekl. verpflichtet, die lettische Fahrerlaubnis der Klassen A, B und C in einen deutschen Führerschein der entsprechenden Klassen umzutauschen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ablehnung des Umtauschs verstoße gegen den unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz. Danach könne dem von einem anderen Mitgliedstaat nach Ablauf der in Deutschland verhängten Sperrfrist ausgestellten Führerschein die Anerkennung nicht versagt werden, wenn mit der neuerlichen Fahrerlaubniserteilung eine Eignungsprüfung verbunden gewesen sei. Diese Voraussetzung sei im Fall des Kl. erfüllt, weil er im Zusammenhang mit dem zusätzlichen Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse C seine Eignung auch im Hinblick auf die Klasse B habe nachweisen müssen. Es könne daher offenbleiben, ob der Kl. auch bereits zuvor in Reaktion auf die in Deutschland verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis für eine Wiedererteilung oder zumindest Bestätigung der Fahrerlaubnis der Klasse B eine entsprechende Prüfung habe ablegen müssen.

Mit der vom BG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Bekl. geltend, auch das Unionsrecht lasse nach der von einem deutschen Strafgericht ausgesprochenen Entziehung der Fahrerlaubnis eine Nichtanerkennung ausländischer Führerscheine zu. Die in Lettland durchgeführte Eignungsprüfung bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse C ändere hieran nichts, weil dem Kl. nach der Entziehung seiner Fahrerlaubnis in Deutschland keine neue Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt worden sei. Damit sei es weiterhin Aufgabe der Behörden des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zuwiderhandlung begangen wurde, zu ermitteln, ob der Betr. zum Fahren in seinem Hoheitsgebiet wieder geeignet sei. Die hierfür angeordnete Vorlage eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens habe der Kl. aber verweigert. Im Übrigen habe seine Fahrerlaubnis der Klasse C durch den zwischenzeitlichen Ablauf der auch für ausländische Führerscheine geltenden Fünfjahresfrist ihre Inlandsgültigkeit verloren und könne daher nicht mehr umgetauscht werden. Für eine Neuerteilung sei der Nachweis des erforderlichen Sehvermögens erforderlich, den der Kl. bislang nicht erbracht habe.

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