"… II. Die Beschwerde des Betr. erweist sich bereits als unzulässig, da sie gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 305 S. 1 StPO von der Statthaftigkeit ausgeschlossen ist."

1. Nach § 305 S. 1 StPO unterliegen Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht der Beschwerde.

§ 305 StPO schränkt zur Sicherung einer konzentrierten, beschleunigten Durchführung des Verfahrens die Statthaftigkeit der Beschwerde ein. Der Wortlaut des § 305 S. 1 StPO reicht über den anerkannten und auch historischen Gesetzeszweck hinaus. Praxis und Lehre stimmen daher überein, dass der Ausschluss der Beschwerde auf die Fälle beschränkt sein muss, welche nach dem gekennzeichneten Gesetzeszweck in Betracht kommen. § 305 S. 1 StPO ist deshalb aufgrund des anerkannten und historischen Gesetzeszwecks unmittelbar restriktiv auszulegen. Zur Anwendbarkeit und somit zur Beschränkung der Statthaftigkeit der Beschwerde müssen neun Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, nämlich dass (1) das erkennende Gericht (2) vor dem Urteil entscheidet, dass (3) ein innerer Zusammenhang mit der Urteilsfällung bestehen muss, dass (4) die Entscheidung der Vorbereitung des Urteils dienen muss, dass (5) die Entscheidung bei Urteilsfällung durch das erkennende Gericht nochmals überprüft werden kann und (bei Erheblichkeit) muss, dass (6) der Betroffene gegen das Urteil zulässig Rechtsmittel einlegen darf, dass (7) objektiv durch Eröffnung des Rechtsmittels der Beschwerde eine Verzögerung des Verfahrens und ein Eingriff in die konzentrierte Verfahrensherrschaft des erkennenden Gerichts bewirkt würde, dass (8) keine besonderen – durch Urteilsanfechtung ggf. nicht mehr behebbaren – Beeinträchtigungen vorliegen und dass (9) die Entscheidung keine eigene prozessuale Bedeutung entfaltet (Matt, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2014, § 305 Rn 1, 4, 6).

2. Gegenstand der Beschwerde ist die Mitteilung des Bußgeldrichters vom 23.8.2018, wonach über den mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 22.8.2018 gestellten Antrag des Betr., seiner Verteidigerin digitale Falldaten seiner Messung sowie der gesamten Messserie, jeweils mit Rohmessdaten, Statistikdatei, Public-Key des Messgeräts und die Gerätestammkarte des Messgeräts zur Verfügung zu stellen, in der Hauptverhandlung entschieden wird.

2.1. Beim Antrag der Verteidigerin des Betr. handelt es sich nach Auslegung durch die Kammer um einen Beweisermittlungsantrag.

Die Einordnung als Antrag auf Akteneinsicht (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 Abs. 1 StPO) scheidet aus, da die gewünschten Daten und Unterlagen nicht in der dem Bußgeldrichter vorliegenden Akte enthalten sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.5.1981 – 1 StR 48/81, BGHSt 30, 131; BGH, Beschl. v. 11.11.2004 – 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317; KK-StPO/Laufhütte/Willnow, 7. Aufl. 2013, § 147 Rn 4). Die begehrten Unterlagen stellen auch kein amtlich verwahrtes Beweisstück i.S.v. § 147 Abs. 1 Alt. 2 StPO dar. Hierunter fallen nur Gegenstände, die nach §§ 94 ff. StPO durch Beschlagnahme oder Sicherstellung in anderer Weise in amtlichen Gewahrsam gelangt sind, sowie die nach §§ 111b ff. StPO sichergestellten Gegenstände, soweit sie als Beweismittel in Betracht kommen (Lüderssen/Jahn, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2007, § 147 Rn 107; MüKoStPO/Thomas/Kämpfer, 1. Aufl. 2014, § 147 Rn 23).

In der Sache geht es dem Betr. darum, durch Einsicht in die begehrten Unterlagen konkrete Fehler des Messverfahrens aufzeigen zu können, die dann in einen entsprechenden Beweisantrag einfließen können. Diese Konstellationen, in denen der Antragsteller noch nicht in der Lage ist, eine Beweisbehauptung – möglicherweise auch nur eine vermutete Beweisbehauptung – oder ein konkretes Beweismittel zu benennen, erfasst der Beweisermittlungsantrag (vgl. BGH, Urt. v. 26.5.1981 – 1 StR 48/81, BGHSt 30, 131; MüKoStPO/Trüg/Habetha, 1. Aufl. 2016, § 244 Rn 171). Dieser Einordnung steht nicht entgegen, dass der Antrag bereits vor der Hauptverhandlung gestellt wurde.

2.2. Die Ablehnung des Bußgeldrichters, dem Beweisermittlungsantrag noch vor der Hauptverhandlung nachzugehen, ist nach dem dargelegten Maßstab nicht mit der Beschwerde anfechtbar.

Es liegt eine Entscheidung des erkennenden Gerichts im bußgeldrechtlichen Hauptverfahren (§ 71 Abs. 1 OWiG) vor Urteilserlass vor. Auch liegt ein innerer Zusammenhang mit der Urteilsfällung vor, da die Entscheidung die Vorbereitung und den Umfang der Beweisaufnahme betrifft. Sie dient deshalb auch der Vorbereitung des Urteils und ist der weiteren Überprüfung durch den Bußgeldrichter bis zur Urteilsfällung zugänglich. Es besteht die Möglichkeit der Überprüfung des Urteils im Verfahren der Rechtsbeschwerde nach § 79 OWiG. Durch die Statthaftigkeit der Beschwerde würde in die konzentrierte Verfahrensherrschaft des Bußgeldrichters eingegriffen. Die Entscheidung hat keine weitere prozessuale Bedeutung, da die Entscheidung nicht konstitutiv für die Begründung oder Beendigung der Verfahrensstellung eines Verfahrensbeteiligten ist.

Mit der Entscheidung ist auch keine ...

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