Hat der VN mehrere Obliegenheitsverletzungen begangen, stellt sich die Frage, ob die Regressgrenze verdoppelt werden darf. Hierzu sind mehrere Fallkonstellationen denkbar.
I. Doppelter Regress bei der Verletzung von Obliegenheiten sowohl vor als auch nach Eintritt des Versicherungsfalls
Hat der VN doppelt Obliegenheiten verletzt, etwa wegen der Alkoholisierung vor Eintritt des Versicherungsfalls und wegen der Unfallflucht nach dem Versicherungsfall, können beide Beträge, bis zu denen der VR Leistungsfreiheit in Anspruch nehmen kann, addiert werden.[23] Die Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalls und diejenigen nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehen eigenständig nebeneinander.[24] Die Obliegenheiten haben aber auch eine unterschiedliche Zielrichtung. Aufgrund zweier Obliegenheitsverletzungen kann der VR i.H.v. insgesamt 10.000 EUR leistungsfrei sein. Anderer Ansicht ist nur das OLG Nürnberg.[25] Es entschied, der VR könne vom VN nicht für jede Obliegenheitsverletzung jeweils 5.000 EUR verlangen.[26] Eine doppelte Sanktion wäre zudem mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr zu vereinbaren.
II. Doppelte Verletzung von Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall
Auch bei mehreren Fällen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort werden die Regresshöchstgrenzen addiert, da der VN in mehreren Fällen gegen seine Aufklärungsobliegenheit verstoßen hat. Es handelt sich dann um mehrere selbstständige Obliegenheitsverletzungen, die unter Umständen zeitlich in einem gewissen Zusammenhang stehen – im vom OLG Brandenburg[27] entschiedenen Fall von ungefähr einer halben Stunde. Dennoch sind die Obliegenheitsverletzungen rechtlich als selbstständige Handlungen anzusehen, bei denen jeweils unterschiedliche Rechtsgüter verschiedener Geschädigter verletzt worden sind. Beide Unfälle stellen jeweils verschiedene, voneinander unabhängige Versicherungsfälle dar.
III. Keine Addition mehrerer Regressbeträge
Demgegenüber scheidet aber ein Addieren der Regressbeträge aus, wenn mehrere Obliegenheitsverletzungen innerhalb eines einheitlichen Lebenssachverhalts entweder vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls begangen wurden.
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