[3] "… Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das BG."

[4] I. Das BG hat ausgeführt, die Bekl. sei wegen einer vom Kl. vorsätzlich vorgenommenen Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG leistungsfrei. Er habe durch das Abstellen des Schleppers ohne abgeklemmte Batterie in einer Scheune, in der auch leicht entzündliche Stoffe (Heu und Stroh) gelagert würden, gegen § 18 Abs. 2 Nr. 3 der Bayerischen Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen sowie über die Zahl der notwendigen Stellplätze (GaStellV) vom 30.11.1993 verstoßen. Das könne nicht mehr als mitversicherte normale Gefahrerhöhung angesehen werden. Es handele sich um eine willentliche Herbeiführung einer Gefahrerhöhung durch den VN. Der Kl. habe den Schlepper vorsätzlich, damit in Kenntnis eines gefahrerhöhenden Umstandes, am 22.12.2009 gegen 10.00 Uhr in der Scheune abgestellt und ihn dort bis zum Nachmittag desselben Tages belassen. Das Abstellen eines Schleppers für mehrere Stunden in einer Scheune, in der auch leicht entzündliche Stoffe gelagert würden, stelle jedenfalls dann einen Gefahrenzustand dar, der die Grundlage eines neuen natürlichen Schadenverlaufs sein könne, wenn dies mehrfach geschehe, was den eigenen Ausführungen des Kl. zu entnehmen sei. Dieser habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht den ihm obliegenden Kausalitätsgegenbeweis i.S.v. § 26 Abs. 3 Nr. 2 VVG geführt.

[5] II. Das hält rechtlicher Nachprüfung mit der gegebenen Begründung nicht stand.

[6] 1. Der Entscheidung des BG liegt ein fehlerhaftes Verständnis des Begriffs des Vorsatzes in § 26 Abs. 1 S. 1 VVG in Abgrenzung zum Begriff der willentlichen (subjektiven) Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG zugrunde.

[7] a) Gem. § 23 Abs. 1 VVG darf der VN nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des VR keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. Für eine willentliche Gefahrerhöhung gem. § 23 Abs. 1 VVG muss der VN Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände haben, während eine Kenntnis des gefahrerhöhenden Charakters oder gar eine zutreffende rechtliche Einordnung nicht erforderlich ist (Senat VersR 1982, 793, 794; BGHZ 50, 385, 387 f. … ). Diese Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände hatte der Kl. Er wusste, dass er den Schlepper in die Scheune stellte und dass sich in dieser zumindest noch Reste von Heu und Stroh aus der früheren Nutzung befanden.

[8] b) Unzutreffend ist das BG auf dieser Grundlage allerdings von einer vorsätzlichen willkürlichen Gefahrerhöhung gem. § 23 Abs. 1 VVG mit der Folge der vollständigen Leistungsfreiheit der Bekl. gem. § 26 Abs. 1 S. 1 VVG ausgegangen.

[9] aa) Das BG hat in seinem Hinweisbeschluss vom 17.6.2013 keine hinreichende Trennung der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1 und § 26 Abs. 1 VVG vorgenommen. Es hat darauf abgestellt, der Kl. habe den Schlepper unstreitig vorsätzlich, damit in Kenntnis eines gefahrerhöhenden Umstandes, in die Scheune gestellt und ihn dort belassen. Das Bewusstsein, dass er dadurch gegen § 18 Abs. 2 Nr. 3 der GaStellV verstoßen habe, sei für die Annahme einer willentlichen Gefahrerhöhung nicht erforderlich. Gem. § 18 Abs. 2 Nr. 3 dieser Verordnung dürfen Kfz in sonstigen Räumen, die keine Garagen sind, nur abgestellt werden, wenn diese Räume keine Zündquellen oder leicht entzündliche Stoffe enthalten. Auch im Zurückweisungsbeschluss vom 1.8.2013 hat es das BG für Vorsatz ausreichen lassen, dass der Kl. die Gefahrerhöhung selbst, also das Einstellen des Schleppers in die Scheune, vorgenommen habe.

[10] bb) Dieser Auffassung liegt ein grundsätzliches Missverständnis des Verhältnisses von § 23 Abs. 1 und § 26 Abs. 1 VVG zugrunde. Während es im Rahmen des § 23 Abs. 1 VVG allein darauf ankommt, dass der VN Kenntnis von den gefahrerhöhenden Umständen hat, ohne dass ihm die gefahrerhöhende Eigenschaft der Handlung zum Bewusstsein gekommen sein muss, erstreckt sich gerade auf diesen Umstand die Frage, ob der VN i.S.v. § 26 Abs. 1 VVG schuldhaft gehandelt hat und welche Schuldform vorliegt.

[11] Im Falle des § 23 Abs. 1 VVG wird zwar vielfach Vorsatz des VN i.S.v. § 26 Abs. 1 S. 1 VVG zu bejahen sein, da bereits die subjektive Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG eine Kenntnis des VN von den risikorelevanten Umständen voraussetzt. Ein durchschnittlicher VN wird hieraus zumindest auch bedingt vorsätzlich auf eine Gefahrerhöhung schließen. … So wird derjenige, der regelmäßig mit abgefahrenen Reifen fährt, von deren Zustand er weiß, sich i.d.R. auch einer entsprechenden Gefahrerhöhung bewusst sein. Es genügt, wenn der VN realisiert, dass sich durch sein Handeln oder Unterlassen die tatsächlichen Umstände so geändert haben, dass der Eintritt des Versicherungsfalles wahrscheinlicher wird.

[12] Keinesfalls kann aber generell die Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände i.S.v. § 23 Abs. 1 VVG mit der Schuldform des Vorsatzes in § 26 Abs. 1 S. 1 VVG gleichgesetzt werden. Das entspricht auch der Rspr. des Senats. Dieser hat neben dem Vorliegen der Gefahrerhöhung immer auch da...

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